Börsen-Zeitung: Mandat nicht überdehnen, Kommentar zum Verhältnis
Bundesbank/Parlament in IWF-Fragen, von Claus Döring.
Frankfurt (ots) - Manche Bundestagsabgeordnete tun sich mit ihrer
Verantwortung in der Schuldenkrise und für die Hilfsmaßnahmen für
andere Eurozonenländer immer noch schwer, trotz der klaren Ansage des
Bundesverfassungsgerichts. Und auch bezüglich der Unabhängigkeit der
Deutschen Bundesbank scheint die Verantwortung führender
Abgeordneter, aktuell der Koalitionsfraktionen CDU und FDP, über
plakative Formeln kaum hinauszugehen. Nicht anders sind die
Reaktionen aus dem politischen Berlin auf den Wunsch der Deutschen
Bundesbank zu interpretieren, die beim EU-Gipfel beschlossene
zusätzliche Kreditgewährung durch die Bundesbank an den
Internationalen Währungsfonds (IWF) durch einen parlamentarischen
Beschluss abzusichern.
Bundesregierung und Bundesbank arbeiten in IWF-Fragen traditionell
eng zusammen. Die letzte Entscheidungsbefugnis liegt bei der
Bundesregierung, mit Ausnahme der bilateralen Kreditgewährung. Den
Gipfelbeschluss zur Aufstockung der IWF-Mittel um 200 Mrd. Euro, aus
denen sich bis zu 45 Mrd. Euro für Deutschland ableiten, haben
allerdings nicht die Notenbankgouverneure, sondern die
Regierungschefs getroffen. Anders als bei den Krisengipfeln 2008/09
handelt es sich dabei auch nicht um einen G20-Beschluss, sondern um
einen Euroraum-Beschluss. Damit ist inhaltlich die Nähe zur monetären
Staatsfinanzierung gegeben, selbst wenn man die Formalien beachtet,
wonach die Kreditgewährung über das allgemeine IWF-Konto läuft und
zudem auch Nicht-Euro- und Nicht-EU-Länder einzahlen sollen. Die
Motivation der Nicht-Euro-Länder, allen voran der USA, zur
IWF-Aufstockung wird nicht gerade gefördert, wenn sich das Parlament
des größten Euro-Landes demonstrativ unter einem Vorwand ins Abseits
stellt.
Auch das außergewöhnliche Volumen spricht für eine
parlamentarische Befassung. Denn faktisch erhöht es das europäische
Klumpenrisiko des IWF, selbst wenn das Kapital formal im allgemeinen
Topf landet. Tangiert ist damit zugleich das Haftungsrisiko des
Euroland-Rettungsschirms EFSF, schließlich agieren IWF und EFSF
gemeinsam und subsidiär. Für die Risiko-Umverteilung in der Eurozone
jedoch ist die Politik zuständig, und nicht die Bundesbank. Hierzu
sollte die Bundeskanzlerin heute vor dem Parlament Klartext reden.
Gerade weil die Unabhängigkeit der Notenbank ein so hohes Gut ist,
darf die Bundesbank nicht in die Gefahr gebracht werden, ihr Mandat
zu überdehnen.
(Börsen-Zeitung, 14.12.2011)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Verantwortung in der Schuldenkrise und für die Hilfsmaßnahmen für
andere Eurozonenländer immer noch schwer, trotz der klaren Ansage des
Bundesverfassungsgerichts. Und auch bezüglich der Unabhängigkeit der
Deutschen Bundesbank scheint die Verantwortung führender
Abgeordneter, aktuell der Koalitionsfraktionen CDU und FDP, über
plakative Formeln kaum hinauszugehen. Nicht anders sind die
Reaktionen aus dem politischen Berlin auf den Wunsch der Deutschen
Bundesbank zu interpretieren, die beim EU-Gipfel beschlossene
zusätzliche Kreditgewährung durch die Bundesbank an den
Internationalen Währungsfonds (IWF) durch einen parlamentarischen
Beschluss abzusichern.
Bundesregierung und Bundesbank arbeiten in IWF-Fragen traditionell
eng zusammen. Die letzte Entscheidungsbefugnis liegt bei der
Bundesregierung, mit Ausnahme der bilateralen Kreditgewährung. Den
Gipfelbeschluss zur Aufstockung der IWF-Mittel um 200 Mrd. Euro, aus
denen sich bis zu 45 Mrd. Euro für Deutschland ableiten, haben
allerdings nicht die Notenbankgouverneure, sondern die
Regierungschefs getroffen. Anders als bei den Krisengipfeln 2008/09
handelt es sich dabei auch nicht um einen G20-Beschluss, sondern um
einen Euroraum-Beschluss. Damit ist inhaltlich die Nähe zur monetären
Staatsfinanzierung gegeben, selbst wenn man die Formalien beachtet,
wonach die Kreditgewährung über das allgemeine IWF-Konto läuft und
zudem auch Nicht-Euro- und Nicht-EU-Länder einzahlen sollen. Die
Motivation der Nicht-Euro-Länder, allen voran der USA, zur
IWF-Aufstockung wird nicht gerade gefördert, wenn sich das Parlament
des größten Euro-Landes demonstrativ unter einem Vorwand ins Abseits
stellt.
Auch das außergewöhnliche Volumen spricht für eine
parlamentarische Befassung. Denn faktisch erhöht es das europäische
Klumpenrisiko des IWF, selbst wenn das Kapital formal im allgemeinen
Topf landet. Tangiert ist damit zugleich das Haftungsrisiko des
Euroland-Rettungsschirms EFSF, schließlich agieren IWF und EFSF
gemeinsam und subsidiär. Für die Risiko-Umverteilung in der Eurozone
jedoch ist die Politik zuständig, und nicht die Bundesbank. Hierzu
sollte die Bundeskanzlerin heute vor dem Parlament Klartext reden.
Gerade weil die Unabhängigkeit der Notenbank ein so hohes Gut ist,
darf die Bundesbank nicht in die Gefahr gebracht werden, ihr Mandat
zu überdehnen.
(Börsen-Zeitung, 14.12.2011)
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