ESSEN (dpa-AFX) - Der Chemikalienhändler Brenntag (ETR:BNRGn) streicht infolge harter Konkurrenz und Preisdruck sein Gewinnziel für das Gesamtjahr zusammen. Die Gesamtleistung sei in der ersten Jahreshälfte unbefriedigend und liege unter den eigenen Ambitionen, sagte Unternehmenschef Christian Kohlpaintner am Dienstag laut Mitteilung. Die allgemeinen Trends und Erwartungen in der Chemieindustrie stimmten das Management vorsichtiger für den Rest des Jahres. Es erwarte eine ungünstigere Mengenentwicklung und anhaltenden Preisdruck, insbesondere bei den Industriechemikalien.
Auf der Handelsplattform Tradegate rutschten die Aktien um 1,7 Prozent ab im Vergleich zum Xetra-Schluss auf 62,76 Euro. Ein Händler sagte, mit einer Senkung des Ausblicks habe man bei dem Chemikalienhändler schon gerechnet, doch falle diese nun etwas höher aus als gedacht.
2024 dürfte der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (operatives Ebita) auf 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro fallen, wie das Dax -Unternehmen bereits am Montagabend in Essen überraschend mitteilte. Bislang hatte der Vorstand das untere Ende der Spanne von 1,23 bis 1,43 Milliarden Euro angepeilt. Mit den neuen Zielen erwartet Brenntag einen Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert. Im ersten Halbjahr ging das operative Ergebnis um knapp 18 Prozent auf rund 557 Millionen Euro zurück.
Brenntag leidet unter einer schwächeren Nachfrage. Das sorgte schon 2023 für einen deutlichen Umsatz- und Ergebnisrückgang. Im zweiten Quartal 2024 schrumpfte der Umsatz im Jahresvergleich um 1,9 Prozent auf knapp 4,2 Milliarden Euro, wie der Dax-Konzern am Dienstag in Essen mitteilte. Das operative Ergebnis (bereinigtes Ebita) rutschte um gut ein Zehntel auf 297 Millionen Euro ab. Unter dem Strich blieb ein auf die Aktionäre entfallender Gewinn von 149,1 Millionen Euro nach 186,9 Millionen Euro vor einem Jahr.
Nun will das Unternehmen noch einmal seinen Sparkurs verschärfen. "Angesichts unserer Gesamtleistung in der ersten Hälfte des Jahres 2024 werden wir jedoch unsere Bemühungen und Initiativen zur Kostensenkung im weiteren Jahresverlauf beschleunigen und ausweiten", sagte Finanzchefin Kristin Neumann. So würden wie angekündigt Ausgaben verschoben sowie Investitionen in IT und digitale Transformation über einen längeren Zeitraum gestreckt. Dazu zähle auch, das globale Standortnetzwerk zu optimieren.
Um die Kosten zu senken, hatte der Vorstand im vergangenen Sommer weitere Maßnahmen eingeleitet. Dazu zählten Standortschließungen und der Abbau von Arbeitsplätzen. Insgesamt will Brenntag bis 2027 auf Jahressicht 300 Millionen Euro einsparen. Die Einmalkosten hatte das Unternehmen auf 250 Millionen Euro beziffert.
Derweil treibt der Konzern die Entflechtung seiner beiden Sparten voran. Die Geschäfte mit Prozesschemikalien (Essentials) sowie mit Spezialitäten für bestimmte Branchen (Specialties) sollen bis 2026 eigenständig aufgestellt werden. Brenntag erwartet so deutliche Effizienzsteigerungen und Einsparungen bei den Verwaltungskosten, den Ausgaben sowie in der Lieferkette.
Insbesondere das Spezialitätengeschäft soll sich so besser entwickeln. Der Bereich liegt Kohlpaintner zufolge hinter den Wettbewerbern zurück, diese Lücke soll geschlossen werden. Danach will das Management verschiedene strategische Optionen prüfen. Ob es zu einer Aufspaltung kommt, ist offen.
Aktivistische Investoren, in deren Visier der Chemikalienhändler geraten ist, hatten auf eine Aufspaltung in die beiden Bereiche für Spezial- und Basischemikalien gedrängt. Dabei machte vor allem der britische Finanzinvestor Primestone auf sich aufmerksam. Primestone sowie der US-Hedgefonds Engine Capital erhoffen sich dadurch eine schnelle Wertsteigerung.
Brenntag handelt international mit Industrie- und Spezialchemikalien sowie Inhaltsstoffen. Das Unternehmen kauft die Stoffe bei Chemiekonzernen in größeren Mengen ein und verkauft sie in kleineren Mengen. In den vergangenen Jahren ist Brenntag durch zahlreiche kleinere Übernahmen gewachsen.
Konjunkturabschwünge treffen das Unternehmen in der Regel weniger stark als Chemiekonzerne, weil Kunden dann weniger Chemikalien benötigen und diese vermehrt beim Händler statt beim Produzenten kaufen. Zuletzt beschäftigte Brenntag knapp 18.000 Mitarbeiter.