FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Commerzbank (ETR:CBKG) sieht sich trotz eines nachlassenden Rückenwinds von der Zinsseite auf Kurs zu einem höheren Ergebnis im laufenden Jahr. Das Ergebnis soll 2024 den Vorjahreswert "deutlich" übertreffen, wie es im am Mittwoch veröffentlichten Zwischenbericht der Bank heißt. 2023 hatte die Bank dank der gestiegenen Zinsen und der damit deutlich höheren Einnahmen im Geschäft mit Einlagen und Krediten 2,2 Milliarden Euro verdient und damit so viel wie noch nie. Konzernchef Manfred Knof sieht die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Bank zudem finanziell gut aufgestellt. Deshalb traut er der Bank den weiteren Rückkauf von eigenen Aktien zu. Sorgen bereitet den Anlegern die Risikovorsorge. Die in diesem Jahr gut gelaufene Aktie gab deutlich nach.
"Unser Kundengeschäft entwickelt sich weiter positiv. Das erste Halbjahr war unser bestes seit 15 Jahren. Unternehmen haben vermehrt Kredite für Investitionen nachgefragt und Privatkunden waren bei Wertpapieren aktiver", sagte Knof. Dank des gut laufenden Kerngeschäfts könne die Bank weiter die Sonderbelastungen wie die Kosten für Rechtsstreitigkeiten bei der polnischen Tochter mBank (WA:MBK) und in Russland ausgleichen. Die komfortable Kernkapitalquote bestärkt die Bank den Worten der Finanzchefin Bettina Orlopp zufolge in ihrem Vorhaben, stetig mehr Kapital an die Aktionärinnen und Aktionäre zurückzugeben.
"Deshalb haben wir die erste Tranche unseres dritten Aktienrückkaufs in Höhe von 600 Millionen Euro bei der EZB und der Finanzagentur beantragt", sagte sie. Investoren hatten diesen Schritt erwartet. Auch die bestätigte Prognose und die Zahlen für das zweite Quartal lieferten keine positiven Überraschungen - im Gegenteil. So richtete zum Beispiel JPMorgan-Analyst Kian Abouhossein in einer ersten Einschätzung den Fokus auf die Risikovorsorge. Diese sei im zweiten Quartal höher ausgefallen als zum Jahresstart.
An der Börse sackte die Aktie deutlich ab. Der Kurs fiel bis zu knapp sechs Prozent auf 12,39 Euro und damit den tiefsten Stand seit März. Zuletzt konnte die Aktie das Minus auf rund vier Prozent reduzieren, gehörte damit aber immer noch zu den größten Verlierern im Dax . Auf Jahressicht sieht dies allerdings anders aus: Mit den jüngsten Verlusten reduzierte die Aktie ihr bisheriges Jahresplus zwar auf knapp 17 Prozent, liegt damit aber immer noch im Spitzenfeld des deutschen Leitindex.
Dank der Zinswende und den so sprudelnden Gewinnen ist die Aktie in den vergangenen Jahren ohnehin einer der stärksten Titel unter den deutschen Standardwerten. Seit Ende 2021 zog der Kurs um fast 90 Prozent an - mehr hat im Leitindex nur der Rüstungskonzern Rheinmetall (ETR:RHMG) geschafft. Dank des wieder deutlich gestiegenen Börsenwerts ist die Bank seit Februar 2023 zurück im erweiterten Dax, nachdem sie 2018 aus der ersten deutschen Börsenliga abgestiegen war. Derzeit ist das Unternehmen, an dem der Staat weiter knapp 16 Prozent hält, fast 15 Milliarden Euro wert.
Im zweiten Quartal fiel der Gewinn um fünf Prozent auf 538 Millionen Euro. Experten hatten mit einem Gewinnrückgang in dieser Größenordnung gerechnet. Da die Bank im Vorquartal allerdings deutlich mehr verdient hatte, zog der Gewinn im ersten Halbjahr noch prozentual zweistellig an. Im zweiten Quartal bekam die Bank den nachlassenden Zinseffekt zu spüren. Da diese nicht weiter gestiegen sind und inzwischen auch ein höherer Anteil von den höheren Zinsen an Kunden weitergegeben werden muss, ist der Zinsüberschuss im zweiten Quartal leicht auf knapp 2,1 Milliarden Euro gesunken. Der Provisionsüberschuss legte dagegen um rund 5 Prozent auf 879 Millionen Euro zu.
Die Risikovorsorge konnte die Bank trotz des weiterhin herausfordernden wirtschaftlichen Umfeldes im Vergleich zum Vorjahresabschnitt stabil bei rund 200 Millionen Euro halten. Im ersten Quartal hatte die Risikovorsorge aber noch deutlich unter der Marke von 100 Millionen gelegen. Die Bank reduzierte zudem den Puffer für Risiken aus Großereignissen (Top-Level-Adjustments (TLA)) in den vergangenen drei Monaten um 87 auf 336 Millionen Euro. Damit steht der Bank weniger für die erwarteten Sekundäreffekte aus geopolitischen Krisen und Unsicherheiten aufgrund der Inflation sowie der Auswirkungen der restriktiveren Geldpolitik zur Verfügung.