NÜRNBERG (dpa-AFX) - Bei seiner letzten Bilanzvorlage als Konzernchef spannt Leoni (XETRA:LEOGn)-Boss Klaus Probst die Börse noch einmal auf die Folter. Zwar steht der Autozulieferer weiterhin zu seinen hohen Gewinn- und Umsatzzielen für 2016 - doch den von Analysten schon für dieses Jahr ersehnten großen Gewinnsprung konnte der 61-Jährige nicht versprechen. Die vielen politischen Krisen in aller Welt ließen keine genauere Prognose als "über 200 Millionen Euro" vor Zinsen und Steuern (Ebit) zu, sagte Probst am Dienstag in Nürnberg. Prompt rauschten Leoni-Aktien nach unten. Zum Mittag lagen die Papiere noch mit knapp fünf Prozent im Minus.
Weil die Zahl der Neu-Projekte mit Kabelsystemen für Neuwagen erneut steigt, muss der Kabelspezialist vor dem Jahr der Wahrheit noch einmal tief in die Tasche greifen und Rekord-Investitionen von 240 Millionen Euro schultern. Wenn die Projekte im kommenden Jahr komplett in der Spur sind, sollen die Vorleistungen sich aber voll auszahlen. So hält der Vorstand an der vier Jahre alten Prognose von 350 Millionen Euro Ebit für 2016 fest. Nach 4,3 Milliarden Euro in diesem Jahr sollen die Erlöse dann rasant auf fünf Milliarden steigen. Doch die Analysten sind skeptisch, ob die Nürnberger die hohen Ziele packen können.
2014 waren die Erlöse wie geplant um fünf Prozent auf 4,1 Milliarden Euro gestiegen. Gleichzeitig wuchs die Belegschaft um ein Zehntel. Laut Finanzchef Bellé, der Probst im Mai auf dem Chefsessel ablöst, ist das eine Folge der hohen Vorleistungen, die in der Bordnetzsparte dieses Jahr doppelt so hoch liegen wie 2011: Denn bevor der Bau von Kabelsystemen für neue Automodelle Geld abwirft, muss Personal eingestellt und geschult werden, außerdem müssen Fabriken für die neuen Produkte umgerüstet werden. Während dieses Jahr dreimal so viele Neuanläufe wie 2012 anstehen, soll die Zahl 2016 wieder auf das alte Niveau sinken - und Leoni will die Ernte einfahren.
Einen kleinen Vorschuss gab es schon für die Aktionäre: Sie sollen 1,20 Euro Dividende je Anteilsschein erhalten - und damit etwas mehr als vom Markt erwartet. Vor einem Jahr hatte der Konzern sie noch von 1,50 auf 1,00 Euro gesenkt. Zielgröße für die gesamte Ausschüttung bleibt weiterhin etwa ein Drittel des Überschusses. Der war 2014 um neun Prozent auf gut 115 Millionen Euro gestiegen. Pannen in einem Werk in Mexiko hatten Leoni im dritten Quartal 15 Millionen Euro Sonderbelastungen eingebrockt, außerdem kostete der Absturz des Rubel den Konzern über vier Millionen Euro.
Konzernchef Probst will sich nach 18 Jahren im Leoni-Vorstand künftig mehr Zeit für die Familie nehmen und tritt aus dem Vorstand ab. "Das ist sicherlich eine Zäsur für mich - wird aber keine Zäsur für Leoni sein", sagte er. Im Mai übernimmt mit Finanzchef Bellé ein weiterer Leoni-Veteran - er sitzt seit dem Jahr 2000 im Konzernvorstand.