BERLIN (dpa-AFX) - In der Debatte über die Zukunft der Alterssicherung mehren sich die Rufe gegen ein zu starkes Absinken des Rentenniveaus. Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling (CDU), sagte am Dienstag in Berlin: "Wir sollten beim Rentenniveau behutsam nachsteuern und es nicht unter 45 Prozent sinken lassen." Insgesamt sei wichtig, dass die Bevölkerung einen "roten Faden" in der Rentenpolitik der Koalition erkenne, sagte Schiewerling mit Blick auf die teils gegensätzlichen Äußerungen der Koalitionsspitzen.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte gefordert, das Rentenniveau müsse auf heutigem Niveau bleiben. Gemeint ist das Verhältnis der Renten zu den Löhnen. Heute liegt es bei rund 48 Prozent, unter 43 Prozent darf es gemäß geltender Gesetzeslage bis 2030 nicht fallen. Der Chef der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), hatte für eine Stabilisierung des Rentenniveaus plädiert.
Die Gewerkschaften machen zunehmend Front gegen niedrigere Renten. "Das Rentenniveau muss stabilisiert und wieder angehoben werden, mindestens in Richtung fünfzig Prozent", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske den "Ruhr Nachrichten". Das sei über eine stärkere Besteuerung von Kapitalerträgen zu finanzieren. IG Metall-Chef Jörg Hofmann ist für "einen umfassenden Kurswechsel in der Rentenpolitik, der ein weiteres Absinken der gesetzlichen Rente verhindert".
Der einflussreiche CDU-Sozialexperte Schiewerling machte deutlich, in welche Richtung eine umfassende Rentenreform aus seiner Sicht gehen könnte: "Im Mittelpunkt muss die Stabilität der gesetzlichen Rente stehen." Gegen ein zu starkes Absinken des Rentenniveaus müsse die Einnahmebasis verbreitert werden. Er deutete an, höhere Beiträge für verkraftbar zu halten. "Wir haben heute mit 18,7 Prozent einen niedrigeren Beitragssatz als vorhergesagt war", sagte er. "Wir sollten auch überlegen, ob wir in der Rentenversicherung nicht eine größere Rücklage schaffen sollten, mit der Kapitalerträge erwirtschaftet werden können."
Der CDU-Politiker forderte im Gegenzug auch eine stärker verpflichtende Eigenvorsorge. Heute sind sowohl private Vorsorge etwa über Riesterverträge freiwillig, als auch Betriebsrenten, wo es sie gibt. "Sinnvoll wäre ein verbürgtes und staatlich organisiertes Standardprodukt", sagte Schiewerling. Erreicht werden müssten dabei kleine und mittlere Einkommen. Ähnlich hatte sich Schiewerling bereits in den "Westfälischen Nachrichten" geäußert.
Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) will Geringverdiener stärker zu privater Altersvorsorge motivieren. "Ein Freibetrag von 50 oder 100 Euro in der Grundsicherung für die private Vorsorge, etwa durch Riestern, wäre ein guter Anreiz", sagte er dem "Tagesspiegel" (Mittwoch). CSU-Chef Horst Seehofer hält die Riesterrente für gescheitert.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt mahnte eine sachliche Debatte über die Zukunft der Rente an: "Ich halte nichts davon, dass wir da einen Überbietungswettbewerb der einzelnen Parteien führen." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält daran fest, dass die Lebensarbeitszeit an die längere Lebenserwartung gekoppelt werden soll, wie er am Montag deutlich gemacht hatte.