FRANKFURT (dpa-AFX) - Der "Grexit" hat an Schrecken verloren. Die steigende Gefahr eines Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone drückte die deutschen Aktienindizes am Dienstag nur etwas ins Minus. Dabei kamen anhaltende Kämpfe in der Ukraine als Belastungsfaktor hinzu. Der Dax (DAX) ging mit einem Minus von 0,25 Prozent auf 10 895,62 Punkte aus dem Handel. Vor dem Wochenende hatte der deutsche Leitindex seine Rekordlatte auf 11 013 Punkte gelegt.
Die Gefahr eines Grexit ist nicht mit der im Jahr 2011 vergleichbar, sagten mehrere Börsianer. Es gebe keine Ansteckungsgefahren mehr und Anleger machten sich daher keine großen Sorgen. Stratege Andreas Paciorek vom Wertpapierhändler CMC Markets sagte: "Ein Ende mit Schrecken ist den Börsen lieber als ein Schrecken ohne Ende." Die Eurogruppe hat Griechenland nach den geplatzten Verhandlungen eine Frist bis Ende der Woche gesetzt, um die Verlängerung des Hilfsprogramms zu beantragen. Dieses läuft zum Monatsende aus. Für die Volkswirte der Commerzbank hat sich die Wahrscheinlichkeit eines Grexit von 25 auf 50 Prozent verdoppelt.
'GREXIT' UND UKRAINE-KRISE VERLIEREN AN SCHRECKEN
Jens Klatt von DailyFX hebt zudem als interessant hervor, dass die Börsen die trotz der beschlossenen Waffenruhe anhaltenden und heftigen Kämpfe in der Ukraine ignorierten. Nach monatelangen Gefechten haben die Separatisten die ostukrainische Stadt Debalzewo weitgehend eingenommen. Damit schwindet wenige Tage nach dem Minsker Gipfel die Hoffnung auf baldigen Frieden in der Kriegsregion. Indes haben die ZEW-Konjunkturerwartungen in Deutschland für Helaba-Volkswirt Ralf Umlauf die positive Erwartung für das deutsche Wachstum in diesem Jahr bekräftigt.
Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Unternehmen verlor am Dienstag 0,14 Prozent auf 19 256,27 Punkte. Das deutsche Mittelstands-Barometer hatte am Freitag bei 19 318 Punkten einen Rekord erreicht. Der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) trat mit minus 0,08 Prozent auf 1521,74 Punkte auf der Stelle.
ADIDAS BRICHT KURSERHOLUNG AB
Tagesverlierer im Dax waren Adidas-Aktien (XETRA:ADSGn) mit einem Minus von 2,15 Prozent auf 63,63 Euro. Händler verwiesen auf eine wieder verstärkte Unsicherheit wegen der Ukraine-Krise. UBS-Analyst Fred Speirs hatte am Morgen schon wegen des Russland-Geschäfts sein Kursziel für die Aktien des Sportartikelherstellers etwas zurückgenommen. Adidas dürfte im laufenden Jahr nicht in der Lage sein, die Belastung aus dem massiven Verfall der russischen Währung Rubel auszugleichen.
Auch die Finanzwerte litten unter den wieder anwachsenden Sorgen um die Krisenherde Ukraine und Griechenland: die Aktien der Commerzbank (XETRA:CBKG) verbilligten sich um 0,77 Prozent, Deutsche Bank (XETRA:DBKGn) verloren 1,49 Prozent. Die Anteile am Rückversicherer Munich Re (ETR:MUV2) gaben um 0,61 Prozent nach. Nur Allianz-Aktien (XETRA:ALVG) hielten sich mit minus 0,07 Prozent besser als der Dax.
VERSORGER FAVORISIERT
Zu den größten Gewinnern im Dax zählten dagegen die Versorger: Eon-Aktien (ETR:EOAN) kletterten um 1 Prozent auf 13,575 Euro hoch. Analyst Peter Crampton von der australischen Investmentbank Macquarie brach eine Lanze für den größten deutschen Energiekonzern und stufte die Aktie auf "Outperform" hoch. Die schlechte Stimmung der Marktteilnehmer spiegele die sich bessernden Perspektiven wider. Die relativ schlechte Kursentwicklung seit Jahresbeginn sei nicht gerechtfertigt und die Aktie bezeichnete der Experte als klar unterbewertet. Die Titel des Branchenkollegen RWE (XETRA:RWEG) legten um 0,92 Prozent zu.
Tagesgewinner im Dax waren aber FMC-Aktien (XETRA:FMEG) mit einem satten Plus von 2,40 Prozent. Die Anteile an dem Dialysespezialisten zählen traditionell zu den Gewinnern in Zeiten erhöhter Unsicherheit. Hinzu kam an diesem Dienstag eine Kurszielerhöhung des US-Analysehauses Bernstein Research. Die ebenfalls defensiv eingestuften Aktien der Mutter Fresenius (XETRA:FREG) legten um 0,64 Prozent zu.
EUROSTOXX-50-INDEX SCHLIESST IM PLUS
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (DJ Euro Stoxx 50) gewann 0,15 Prozent auf 3438,44 Punkte. Nach oben ging es auch für den Cac-40-Index in Paris und deutlicher für den FTSE-100-Index in London. An der New Yorker Wall Street stand der Leitindex Dow Jones Industrial (Dow 30) zum Xetra-Handelsschluss 0,2 Prozent im Minus.
Die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere verharrte bei 0,27 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,03 Prozent auf 140,35 Punkte. Für den Bund-Future ging es hingegen um 0,45 Prozent auf 158,60 Punkte nach unten. Der Euro stieg: Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,1415 (Montag: 1,1408) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,8760 (0,8766) Euro.