- von Hyunjoo Jin und Joyce Lee und Ryan Woo
Berlin (Reuters) - Nach ihren jüngsten Zolldrohungen versuchen die USA nun wichtigen Handelspartnern weitreichende Zugeständnisse abzuringen.
Südkorea stimmte am Montag Änderungen am beidseitigen Freihandelsabkommen zugunsten der Vereinigten Staaten zu. Als Gegenleistung wird das Land als erstes dauerhaft von den neuen US-Zöllen auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren ausgenommen. Auch China, die EU und Japan wollen in weiteren Verhandlungen mit der Regierung in Washington eine Eskalation des Streits vermeiden. An den Börsen sorgten die laufenden Gesprächsbemühungen für etwas Erleichterung.
"Wir hatten erhitzte Diskussionen", sagte der südkoreanische Handelsminister Kim Hyun Chong nach der Einigung mit der US-Seite. Demnach wird Südkoreas Stahlindustrie zwar unbefristet von den amerikanischen Schutzzöllen befreit. Zugleich allerdings verpflichtet sich die Regierung in Seoul zu einer Begrenzung der Stahlexporte in die USA. Diese dürfen höchstens 70 Prozent des Durchschnittsvolumens der vergangenen Jahre betragen. Außerdem darf künftig jeder US-Autobauer 50.000 Fahrzeuge pro Jahr nach Südkorea liefern, auch wenn die Wagen nicht den dortigen Sicherheitsstandards genügen. Bislang lag die Schwelle bei 25.000. Sie wurde Kims Worten zufolge zuletzt von keinem US-Autohersteller nur annähernd erreicht.
Die geplanten Änderungen am amerikanisch-südkoreanischen Freihandelsabkommen (KORUS) werden zwar als lediglich moderat gewertet. Rechtsexperten bezeichneten den Deal aber als schädlichen Präzedenzfall. Der Einsatz von Zöllen zur Revision eines gültigen Freihandelsabkommens bedeute einen Verstoß gegen internationale Handelsregeln, sagte Professor Wonmog Choi von der Ewha Womans University.
GESPRÄCHSBEREITSCHAFT AUF ALLEN SEITEN
Die US-Stahlzölle gelten seit Freitag. Allerdings ist eine Reihe von Ländern bis zum 1. Mai davon ausgenommen. Dazu gehören die 28 EU-Staaten sowie andere enge Verbündete wie Kanada und Mexiko. Zusätzlich hat US-Präsident Donald Trump spezielle Zölle gegen China angekündigt, was mit Verstößen gegen den Schutz des geistigen Eigentums begründet wird. Im Gegenzug bereitet die Führung in Peking Abgaben auf bestimmte US-Produkte vor. Diese Maßnahmen werden zwar weithin als moderat betrachtet. Es könnten aber weitere folgen, die Experten zufolge dann multinationale Konzerne aus den USA wie Apple (NASDAQ:AAPL), Microsoft (NASDAQ:MSFT), Starbucks, GM und Nike empfindlich treffen würden.
Sowohl China als auch die Vereinigten Staaten signalisieren nach ersten Kontakten Gesprächsbereitschaft, um den Konflikt beizulegen. Der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang bekräftigte, an den Verhandlungen festzuhalten. Laut "Wall Street Journal" erwägt US-Finanzminister Steven Mnuchin einen Besuch in Peking. Mnuchin und der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer hätten bereits in einem Schreiben an den neuen chinesischen Vize-Ministerpräsidenten Liu He vergangene Woche einen Katalog von Forderungen vorgelegt. Darin werde verlangt, dass China die Zölle auf US-Autos senkt, mehr Halbleiter aus amerikanischer Fertigung einkauft und den Zugang zum heimischen Finanzsektor erleichtert. Der Zeitung "Financial Times" zufolge hat die chinesische Regierung bereits in den letzten beiden Punkten Entgegenkommen in Aussicht gestellt.
MAHNUNG ZUR VORSICHT
Auch die EU will erreichen, dass sie wie Südkorea endgültig von den US-Stahlzöllen befreit wird. Eine einheitliche europäische Verhandlungsstrategie ist allerdings noch nicht erkennbar. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte zuletzt nach dem EU-Gipfel eine harte Haltung angekündigt und gesagt: "Wir sprechen über nichts, wenn man uns die Pistole an den Kopf hält." Von der Bundesregierung kamen dagegen vorsichtigere Töne. Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der vergangene Woche mit Lighthizer in Washington gesprochen hatte, steht insbesondere unter Druck, Handelsnachteile für die wichtige deutsche Autoindustrie abzuwenden.
Ähnlich geht es Japan, das allerdings nicht auf der Liste der vorläufigen Zollausnahmen steht. Der Chef des japanischen Stahlverbands warnte seine Regierung davor, sich nun von den USA über den Tisch ziehen zu lassen. "Japan muss vorsichtig sein, wenn es mit den USA über eine Ausnahme spricht", sagte Kosei Shindo. "Denn die Diskussion könnte sich dann um weitergehende Handelsthemen wie andere Industriegüter und sogar landwirtschaftliche Produkte drehen."