- von David Chance und Tom Körkemeier und Stella Qiu
Washington/Berlin/Peking (Reuters) - Kurz vor dem Inkrafttreten von neuen US-Zöllen auf Stahl und Aluminium beraten die Regierung in Washington und die Europäischen Union noch über mögliche Ausnahmen.
Beide Seiten strebten an, Lösungen so schnell wie möglich zu erreichen, teilten EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und US-Handelsminister Wilbur Ross am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung mit. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer sagte, die Verhandlungen über Ausnahmen könnten sich bis Ende April hinziehen.
Er nannte vor einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses als weitere Gesprächspartner für mögliche Ausnahmen Argentinien, Australien, Brasilien und Südkorea. "Niemand wird einen Handelskrieg gewinnen", so Lighthizer. US-Präsident Donald Trump hat mit zusätzlichen Maßnahmen, die über Stahl und Aluminium hinausgehen, Insidern zufolge vor allem China im Visier.
Die USA hatten bereits Kanada und Mexiko Ausnahmen in Aussicht gestellt, falls es günstigere Bedingungen für die US-Seite bei den Neuverhandlungen über das nordamerikanische Handelsabkommen Nafta geben sollte. Lighthizer sagte, dass bei Südkorea Ausnahmen im Zusammenhang mit bereits laufenden Handelsgesprächen gewährt werden könnten. Verhandlungen mit Brasilien würden zudem bald aufgenommen.
In der Erklärung von Malmström und Ross hieß es: "Wir haben vereinbart, umgehend einen Diskussionsprozess zu Handelsthemen von gemeinsamem Interesse, eingeschlossen Stahl und Aluminium, mit Präsident Trump und der Trump-Administration aufzunehmen, um so schnell wie möglich Ergebnisse zu erzielen, die für beide Seiten akzeptabel sind." EU-Ratspräsident Donald Tusk äußerte sich "vorsichtig optimistisch", dass der Handelsstreit noch gelöst werden könne. Das Thema wird auch am Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel diskutiert.
Angela Merkel bekräftigte, dass Deutschland protektionistische Maßnahmen ablehnt. "Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass Abschottung am Ende allen schadet", sagte Merkel in der ersten Regierungserklärung nach ihrer Wiederwahl zur Kanzlerin im Bundestag. Das US-Vorgehen halte sie für rechtswidrig.
"WERDEN UNS NICHT VERSTECKEN"
China kündigte Maßnahmen zum Schutz seiner Industrie an. Eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking sagte, ihr Land wolle mit niemandem einen Handelskrieg führen. Wenn aber jemand dies wolle, "werden wir weder Angst davor haben, noch uns verstecken". Sollten die USA China schaden, werde die Regierung in Peking entschlossen reagieren.
Trump plant Insidern zufolge Zölle in Höhe von bis zu 60 Milliarden Dollar gegen China. Die Abgaben sollten am Freitag verhängt werden und Produkte aus der Informationstechnologie, der Telekommunikation und der Verbraucherelektronik umfassen, die auf US-Entwicklungen beruhten. Trump begründet die Pläne mit dem großen Defizit im Handel mit China. Außerdem verlange die Volksrepublik als Gegenleistung für den Marktzugang die Weitergabe von Firmengeheimnissen - ein Vorwurf, den China zurückweist.
Die EU bereitet sich trotz der Gespräche von Malmström mit Ross einem Diplomaten zufolge vor, um die geplanten US-Zölle gegen europäische Hersteller von Stahl und Aluminium zu kontern. Diese Maßnahmen seien die bereits bekanntgegeben Ausgleichszölle auf US-Produkte beim Import in die EU, der Schutz vor zusätzlichen Einfuhren von Stahl und Aluminium aus anderen Ländern wie China infolge der US-Zölle sowie der Gang vor die Welthandelsorganisation WTO.
Auch angesichts des drohenden Handelskrieges mit den USA warnten die fünf Wirtschaftsweisen in Deutschland vor zunehmenden Risiken für die Konjunktur. "Für die Fortsetzung des globalen Aufschwungs ist ein reibungslos funktionierender Welthandel von zentraler Bedeutung", so die Experten. "Eine Spirale aus protektionistischen Maßnahmen hätte deutliche negative Auswirkungen auf die globale und die deutsche Wirtschaft." Seine Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland hob der Sachverständigenrat aber an.