Caracas/Berlin (Reuters) - Die USA wollen Venezuelas sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro durch Ölsanktionen aus dem Amt drängen und stoßen damit bei Russland und China auf harsche Kritik.
Juan Guaido, der von den USA unterstützte und selbst ernannte Übergangspräsident Venezuelas, sagte in einem am Dienstag veröffentlichten ARD-Interview, sein Land sei einem Machtwechsel näher als je zuvor. "Druck und Sanktionen wirken. Wir stehen näher an der Freiheit Venezuelas als jemals zuvor."
Die Regierung in Washington untersagte US-Raffinerien Überweisungen an die staatliche Ölgesellschaft PDVSA, die Venezuela die Einnahmen für lebenswichtige Importe verschafft. US-Firmen, die weiterhin Öl aus Venezuela kaufen wollten, müssten den Preis nun auf Sperrkonten einzahlen, teilte US-Finanzminister Steven Mnuchin am Montagabend mit. Die USA sind der größte Abnehmer von venezolanischem Erdöl. Ohne die Gelder aus den USA wird die Einfuhr dringend benötigter Grundnahrungsmittel und Medizin noch schwieriger, die tiefe Wirtschaftskrise dürfte sich drastisch verschärfen.
Maduro selbst warf in einer Fernsehansprache den USA vor, sie wollten sich Citgo Petroleum aneignen, die US-Raffinerietochter des Staatskonzerns PDVSA. Er will juristisch gegen die Sanktionen vorgehen. Im Gegenzug zu den Sanktionen beschloss PDVSA nach Auskunft von Insidern, dass Tanker, die Öl in die USA liefern, nur noch gegen Vorkasse beladen werden. Citgo gilt als Venezuelas wichtigstes Auslandsvermögen.
China kritisierte die US-Sanktionen. Sie führten dazu, dass sich die Lebensbedingungen für die Venezolaner verschlechterten, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Dafür müssten die USA die Konsequenzen tragen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow nannte die Strafmaßnahmen widerrechtlich. Sie seien letztlich der Versuch, venezolanisches Staatsvermögen zu konfiszieren. Russland werde alle nötigen Schritte unternehmen, um Maduros Regierung zu unterstützen.
GUAIDO: "WIR LEBEN IN EINER DIKTATUR"
Guaido, der Präsident des von Maduro entmachteten Parlaments, sagte der ARD, er habe sich mit den USA abgestimmt, als er sich zum Staatsoberhaupt ernannt habe. "Es gab im Jahr 2018 keine Wahl", sagte der 35-Jährige mit Blick auf die umstrittene Wiederwahl Maduros. "Die Amtszeit von Nicolas Maduro ist vorbei. Insofern besetzt er das Land widerrechtlich und regiert als Diktator." Der Frage nach einer Militärintervention von außen wich er aus. "Wir sagen deutlich, wir leben in einer Diktatur. Und der Regierungspalast muss den Druck kennenlernen."
Dass das einflussreiche Militär Venezuelas weiterhin zu Maduro steht, ist für Guaido nur eine Frage der Zeit. "75 bis 80 Prozent der Soldaten leben wie der Rest der Bevölkerung: mit Hunger, Verzweiflung, der Lohn reicht nicht, um ihre Familien zu ernähren. Die Unzufriedenheit ist überall gleich. Wir haben dort Unterstützung, und ich bin sicher, dass sie sich bald auf unsere Seite stellen werden." Dem US-Sender CNN sagte Guaido, er habe mehrmals mit US-Präsident Donald Trump telefoniert. Auf die Frage nach militärischen Optionen in dem Machtkampf sagte er, alle Optionen lägen auf dem Tisch.
Für Mittwoch hat Guaido zu neuen Massenprotesten aufgerufen. In der vergangenen Woche kamen bei den landesweiten Protesten und damit verbundenen Razzien der Sicherheitskräfte nach Angaben der UN mindestens 40 Menschen um. Über 850 Menschen seien festgenommen worden, darunter 77 Kinder.