Berlin/Washington (Reuters) - Die neuen US-Sanktionen gegen Russland haben in Moskau Kritik und in der deutschen Wirtschaft Sorgen ausgelöst.
Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums erklärte am Donnerstag, die Regierung arbeite an Vergeltungsmaßnahmen. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow kritisierte die Strafmaßnahmen als inakzeptabel, unfreundlich und illegal. Die deutsche Wirtschaft sieht darin einen weiteren Schritt der USA, Firmen aus anderen Staaten das Auslandsgeschäft zu erschweren. "Natürlich beeinflusst die US-Politik den deutschen Außenhandel", sagte Außenhandelspräsident Holger Bingmann.
Die Regierung in Washington hatte wegen des Anschlags auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal und dessen Tochter neue Sanktionen angekündigt. Sie sollen nach Angaben eines Regierungvertreters Exportgüter aus den Bereichen Elektronik, Laser, Sensoren und Öl- und Gastechnologie betreffen. Ein anderer Regierungssprecher sprach von einem Handelsvolumen in dreistelliger Millionenhöhe. Begründet wurden die Strafmaßnahmen mit dem Russland zugeschriebenen Einsatz eines Nervengifts bei dem Anschlag. Die russische Regierung bestreitet eine Beteiligung. Die neuen Strafmaßnahmen sollen um den 22. August herum in Kraft treten.
Die Sanktionsdrohung setzte dem Rubel und der Moskauer Börse zu. Die Währung sackte zum Dollar auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren ab. Dollar und Euro stiegen jeweils um mehr als eineinhalb Prozent. An der Börse in Moskau verlor der Leitindex rund zwei Prozent. Anleiheninvestoren ergriffen ebenfalls die Flucht.
"KNIRSCHEN MIT DEN ZÄHNEN"
Die Frage von Gegenmaßnahmen stellt sich nach Angaben des russischen Präsidialamtssprechers erst dann, wenn Einzelheiten zu den US-Maßnahmen bekannt sind. Er versuchte Bedenken über Gefahren für das russische Finanzsystem zu zerstreuen. Dieses habe sich bereits bei früheren Sanktionen als stabil erwiesen. Finanzminister Anton Siluanow erklärte, die Regierung und die Zentralbank verfügten über die Mittel, um für Stabilität zu sorgen.
In der deutschen Wirtschaft lösten die US-Entscheidungen neue Sorgen aus. Sie leidet zunehmend unter der Zoll- und Sanktionspolitik der USA. "Einzelne Unternehmen knirschen mit den Zähnen und sind empfindlich betroffen", sagte Bingmann. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier beklagte, für deutsche Firmen werde das internationale Umfeld immer schwieriger. Nicht zuletzt als Folge der US-Zoll- und Sanktionspolitik habe die Dynamik im Exportgeschäft gelitten. Angesichts dessen erscheine die DIHK-Prognose für das deutsche Exportwachstum von fünf Prozent im laufenden Jahr als "zunehmend ambitioniert".
Noch vor der jüngsten US-Sanktionsdrohung hatte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Wolfgang Büchele, beklagt, die Strafmaßnahmen gegen Oligarchen, die Präsident Wladimir Putin nahestünden, führten bereits zu Geschäftsausfällen bei deutschen Firmen in Millionenhöhe. Gerade Mittelständler verzichteten auf Geschäfte, um nicht von Strafaktionen betroffen zu werden.