Berlin (Reuters) - In den Tarifverhandlungen für rund eine Million Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder fordern die Gewerkschaften sechs Prozent mehr Lohn.
Mindestens 200 Euro mehr Entgelt müssten die Beschäftigten im kommenden Jahr erhalten, sagte der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, am Donnerstag in Berlin. Verdi führt die Verhandlungen, die im Januar anlaufen sollen, gemeinsam mit der dbb-Tarifunion und anderen Gewerkschaften. Der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft der Länder, Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), wies die Forderung angesichts einer erwarteten Preissteigerungssrate von etwa zwei Prozent als "völlig überzogen" zurück. Der Prozess der Haushaltskonsolidierung dürfe "nicht durch übertrieben hohe Lohnabschlüsse gefährdet werden".
Die Vergütungen der Auszubildenden sollen nach dem Willen der Gewerkschaften um 100 Euro angehoben werden. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages solle zwölf Monate betragen. Die Ergebnisse der Tarifverhandlungen, die am 21. Januar in Berlin starten, sollen nach dem Willen von Verdi und anderer Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes auf die über eine Million Beamten in Dienst der Länder übertragen werden. Laut Kollatz würde eine Erfüllung der Lohnforderung die Länder mehr als 2,7 Milliarden Euro kosten. Bei Übertragung auf den Beamtenbereich seien es mehr als acht Milliarden Euro jährlich.
Die Tarifverhandlungen betreffen die Beschäftigten in allen Bundesländern außer Hessen. "In den kommenden Jahren gehen bis zu 30 Prozent der Landesbeschäftigten in Rente", sagte Bsirske. "Ohne attraktive Löhne und Arbeitsbedingungen kriegen die Länder ein Problem."
VERDI LÄUTET TARIFRUNDE 2019 EIN
Mit der Lohnforderung wird die Tarifrunde 2019 eröffnet. Im kommenden Jahr werden von Mitgliedsgewerkschaften des DGB die Tarifverträge für rund 7,3 Millionen Beschäftigte neu verhandelt. Die größten Branchen sind dabei der Einzelhandel, der Groß- und Außenhandel, die Holz- und Kunststoffverarbeitende Industrie wie auch das Bank- und das Versicherungsgewerbe. In der Chemie-Industrie laufen die ersten Tarifverträge im Oktober und November aus. Erst 2020 wird in der Metallindustrie und im Bauhauptgewerbe wieder verhandelt.
In der Tarifrunde 2018 kam es nach einer Übersicht des gewerkschaftsnahen WSI-Tarifarchivs zu kräftigen Lohnerhöhungen. Bei den Neuabschlüssen - etwa für den öffentlichen Dienst von Bund und Gemeinden - kam demnach im Durchschnitt ein Lohnplus von 3,5 Prozent heraus. Für die Beschäftigten zahlte sich das in spürbaren Reallohnzuwächsen aus, da die Löhne stärker stiegen als die Preise. Allein im dritten Quartal lagen die Reallöhne im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,5 Prozent höher, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Davon profitiert der private Konsum, der aus Sicht der Experten auch 2019 eine wichtige Stütze des Wirtschaftsaufschwungs bleiben wird.