Frankfurt (Reuters) - Für Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sind Meinungsunterschiede innerhalb der Europäischen Zentralbank (EZB) eine gute Sache.
Er halte ein vielfältiges Meinungsbild für einen Gewinn, sagte Weidmann am Montag auf einer Veranstaltung in Wien laut Redetext. "Es kann jedenfalls nicht falsch sein, über den richtigen Weg zu diskutieren, solange man sich im Ziel einig ist." Der Bundesbank-Präsident gilt als der warscheinlichste Kandidat Deutschlands für die Neubesetzung des Posten des EZB-Präsidenten im kommenden Jahr, sollte sich die Bundesregierung für diese Spitzenposition stark machen. Die Amtszeit von EZB-Chef Mario Draghi endet im Herbst 2019.
Weidmann erneuerte in der Rede seine Kritik an der geplanten europäischen Einlagensicherung (Edis). Zunächst müssten deutliche Fortschritte beim Abbau von Altrisiken erzielt werden, wozu der Abbau fauler Kredite in den Bankbilanzen gehöre. Problematisch seien auch die Bestände an Staatsanleihen in den Bankbilanzen. Die Bundesbank fordert schon seit längerem, dass diese in den Bilanzen mit Eigenkapital unterlegt werden sollten. Das Ansteckungsrisiko von Staaten auf Banken sei noch nicht angegangen worden, bemängelte Weidmann.
"Zu den Herausforderungen, die relativ schnell zu meistern sind, gehört, die Netto-Anleihekäufe durch das Eurosystem zu beenden, ohne dass dies zu Verwerfungen an den Finanzmärkten führt," sagte der Bundesbank-Präsident. Angesichts der jüngsten Inflationsprognosen der EZB sei es nicht überraschend, dass an den Finanzmärkten mit einem Ende der Anleihenkäufe noch in diesem Jahr gerechnet werde. EZB-Ökonomen erwarten 2020 eine Inflation von 1,7 Prozent - Notenbankziel sind knapp unter zwei Prozent. Erste Zinserhöhungen stehen nach Weidmanns Einschätzung kurzfristig noch nicht an. "Die Märkte sehen eine erste Zinsanhebung etwa zur Mitte des Jahres 2019, was wohl nicht ganz unrealistisch ist."