Nusa Dua/Berlin (Reuters) - Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stellt sich bei der von seinem Wirtschaftskollegen Peter Altmaier (CDU) angepeilten milliardenschweren Steuerentlastung für Unternehmen quer.
Scholz machte am Freitag bei der IWF-Jahrestagung in Bali klar, dass er nicht über die im Koalitionsvertrag fixierten Schritte zum Abbau des Solidaritätszuschlags hinausgehen will: "Dabei wird es auch bleiben." Die Wirtschaftsverbände BDI und DIHK wollen das Nein nicht hinnehmen: Sie verweisen auf sinkende Steuern in anderen Industriestaaten. Rückendeckung bekommt Altmaier außerdem vom Wirtschaftsflügel der CDU, der schon seit Jahren am Soli kratzt.
Medienberichten zufolge peilt Altmaier an, die Unternehmen um jährlich 20 Milliarden Euro zu entlasten. Kernelement sei die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, der auch auf die Unternehmensgewinne fällig wird. Altmaiers Ministerium bestätigte Überlegungen für ein Entlastungskonzept. Dieses gehe über den von CDU, CSU und SPD vereinbarten Koalitionsvertrag hinaus. Man (DE:MANG) werde das Konzept vorstellen, wenn es fertig sei.
Die große Koalition hatte sich darauf verständigt, den Soli bis 2021 für 90 Prozent der Soli-Pflichtigen abzuschaffen. Für die restlichen zehn Prozent soll er aber in voller Höhe erhalten bleiben. Dies betrifft viele Personengesellschaften, aber auch große Konzerne, weil der Zuschlag von 5,5 Prozent auch auf die Körperschaftsteuer fällig wird. Anders als bei einer umfassenden Steuerreform sind Änderungen am Soli-Gesetz im Bundesrat mit seinen unklaren Mehrheiten nicht zustimmungspflichtig - die Koalition könnte also ohne langwierige Verhandlungen mit den Bundesländern allein mit ihrer Bundestagsmehrheit entscheiden.
SCHOLZ WILL LIEBER LANGZEITARBEITSLOSIGKEIT BEKÄMPFEN
Scholz sagte, die in der großen Koalition verabredete Soli-Entlastung von 90 Prozent der Bürger belaste den Bundeshaushalt bereits um jährlich über zehn Milliarden Euro. Zusätzliches Geld sollte genutzt werden, um Langzeitarbeitslosigkeit weiter zu reduzieren. "Deutschland verfügt über ein sehr modernes Unternehmenssteuerrecht", sagte Scholz. Das ändere aber nichts daran, dass man immer nach Verbesserungsmöglichkeiten Ausschau halten sollte. Am wichtigsten sei dabei die Forschungsförderung.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in den vergangenen Wochen mehrfach darauf verwiesen, dass Deutschland wegen der internationalen Konkurrenz und sinkender Unternehmenssteuern in den USA, Frankreich und Großbritannien etwas tun müsse. Mit einer Ertragssteuerbelastung von insgesamt 30 Prozent liegt Deutschland im Industrieländervergleich noch im Mittelfeld.
"Eine ernsthafte politische Anstrengung zu einer Reform der Unternehmenssteuer ist dringend erforderlich", forderte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer, in den Blättern des RedaktionsNetzwerks Deutschland: "Die Lage der öffentlichen Haushalte ist seit Jahren sehr gut." Der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Joachim Lang, kritisierte, die Steuerlast sei auf ein Rekordhoch gestiegen. Auch Unternehmen würden mehr Steuern zahlen als jemals zuvor: "Deshalb ist es überfällig, Steuern zu senken."
Auch der Wirtschaftsrat der CDU sprang Altmaier bei. "Steuerpolitik ist Standortpolitik und hohe Unternehmenssteuern sind ein Hemmschuh für Investitionen", sagte der Generalsekretär des Vereins, Wolfgang Steiger. Der Wirtschaftsrat tritt für eine vollständige Abschaffung des Soli zum Ende kommenden Jahres ein.