FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach dem abermaligen Rekordhoch des Dax zum Wochenausklang dürfte der deutsche Aktienmarkt in der neuen Woche keine großen Sprünge mehr machen. Fundamentale Impulse für die Kurse sind Experten zufolge derzeit Mangelware. "Der große Verfall an den Terminbörsen hat offiziell das Sommerloch eingeläutet", sagte Händler Andreas Lipkow vom Vermögensverwalter Kliegel & Hafner. "Viele Anleger dürften sich eher an der Seitenlinie platzieren und nicht den Helden spielen." Daher könnte der deutsche Leitindex zunächst in einer engen Bandbreite um die 10 000-Punkte-Marke pendeln.
Der Dax F:DAX hatte zwar dank der Aussagen der US-Notenbank Fed zur Zinspolitik sowie dem großen Verfall an den Terminbörsen ("Hexensabbat") wieder die Marke von 10 000 Punkten zurückerobert und abermals ein Rekordhoch erklommen. Marktstratege Markus Wallner von der Commerzbank hält es allerdings für unwahrscheinlich, dass der deutsche Leitindex diese psychologisch wichtige Marke kurzfristig nachhaltig überwindet. Für diese Sicht sprächen unter anderem geopolitische Risiken wie die Krisen im Irak und der Ukraine sowie die drohende Zinswende in den USA.
Die Risiken bekommt der Ölmarkt bereits zu spüren. Die sich zuspitzende Lage im wichtigen Ölförderstaat Irak mit einem massiven Vormarsch der Terrorgruppe Isis trieb die Preise nach oben. Höhere Öl- und damit Energiekosten können jederzeit für Gegenwind am Aktienmarkt sorgen - aus Angst um die Unternehmensgewinne. Zudem zog der Preis für Gold - das Edelmetall gilt als klassischer Schutz vor einer hohen Geldentwertung - kräftig an, da es die Fed mit einer geldpolitischen Straffung trotz anziehender Inflation und robustem Arbeitsmarkt scheinbar nicht eilig hat.
Allerdings wurden an den Finanzmärkten neue Prognosen der Zentralbanker, die auf ein etwas höheres Straffungstempo hindeuten könnten, weitgehend ignoriert. So unterstrich Fed-Präsidentin Janet Yellen mehrfach, die Entwicklung der Leitzinsen hänge von der Konjunktur ab. "Es gibt gute Gründe für einen nachhaltigen Aufschwung", sagte sie. Der wirtschaftliche Ausblick bleibe zwar unsicher, doch die Chancen für ein Wachstum über dem langfristigen Trend seien gegeben.
Entsprechend genau behalten Investoren Konjunkturdaten aus den USA im Auge. Die neue Woche bietet angesichts weniger wichtiger US-Daten aber nur begrenzt Orientierungshilfe. In den Fokus rückt etwa zur Wochenmitte der Auftragseingang langlebiger Güter. In Europa geht es auf der Konjunkturseite mit einer Reihe von Stimmungsindikatoren etwas geschäftiger zu. Los geht es zum Wochenauftakt mit Einkaufsmanagerindizes, bevor sich am Dienstag die Blicke auf das deutsche Ifo-Geschäftsklima richten. Bei dem Frühindikator für die deutsche Wirtschaft erwarten Experten keine große Veränderung.
Unternehmensnachrichten sind in der neuen Woche dünn gesät. Dabei dürfte vor allem noch mal der Industriekonzern Siemens F:SIE in den Fokus rücken. Dieser hat zusammen mit seinem japanischen Partner Mitsubishi Heavy Industries (MHI) den Kampf um die Energiesparte des französischen Konzerns Alstom den Kürzeren gezogen. Die französische Regierung will jetzt selbst bei Alstom einsteigen und den Siemens-Rivalen General Electric (GE) F:GE (ETR:GEC) ins Boot holen.
Am Aktienmarkt könnte das bei Investoren für Erleichterung sorgen. Viele hatten in den vergangenen Wochen die Sorge, dass Siemens beim Kampf um das Gasturbinen-Geschäft von Alstom überzieht und zu viel Geld auf den Tisch legt. Nachdem am Freitag klar wurde, dass Siemens genau dies nicht tun will, kletterte das Papier erstmals seit Januar über die Marke von 100 Euro. Sie schloss am Freitag im Xetra-Handel mit 100,25 Euro und damit nur knapp unter dem Mehrjahreshoch von 101,35 Euro.
Im SDax F:SDXP ist unterdessen Stühlerücken angesagt. So dürfte der Name "Borussia Dortmund" F:BVB künftig auch von Nicht-Fußball-Enthusiasten häufiger in den Mund genommen werden. Die Aktien des in den letzten Jahren erfolgreichen Vereins werden ab Montag in dem Kleinwerteindex enthalten sein. Zusammen mit Dortmund ziehen die Aktien von Hornbach Baumarkt (ETR:HBM) in den Index ein. Für die beiden Papiere müssen der Druckmaschinenhersteller König & Bauer und die Fluggesellschaft Air Berlin F:AB1 ihre Plätze räumen.ha/
--- Von Michael Schilling, dpa-AFX ---