Zum ersten Mal überhaupt ist die Rendite für zehnjährige deutsche Staatsanleihen am Dienstag unter Null gefallen. Der negative Zins bedeutet, das Käufer nach Ablauf der zehn Jahre weniger Geld zurückbekommen, als sie in das Papier investiert haben - was eigentlich der Logik einer finanziellen Investition widerspricht. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kann sich freuen, für den das Schuldenmachen billiger wird.
Hintergrund der enormen Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen ist unter anderem die Angst der Anleger vor den Folgen eines möglichen EU-Austritts Großbritanniens. Wertpapierhändler verwiesen am Dienstag außerdem auf allgemeine Sorgen um die Weltkonjunktur und die extrem niedrige Inflation im Euroraum.
Staatsanleihen bringen bereits seit Längerem kaum noch Zinsen, da Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) diese Papiere im großen Stil aufkaufen. Auch für schweizerische und japanische Anleihen sind die Renditen bereits ins Negative gefallen.
Die Entwicklung bei den Bundesanleihen hat aber besonderes Gewicht, da Deutschland die größte europäische Volkswirtschaft ist. Außerdem gelten die zehnjährigen Bundesanleihen als Referenztitel für andere Staatsanleihen in Europa und auch für Unternehmensanleihen.
Die bevorstehende Entscheidung über die weitere EU-Mitgliedschaft Großbritanniens bewegt Anleger derzeit besonders. Die Briten stimmen am Donnerstag kommender Woche in einem Referendum darüber ab, ob ihr Land in der EU bleiben soll oder nicht. Am Montag gaben die Kurse an den Börsen weltweit nach, der Deutsche Aktienindex (Dax) startete auch am Dienstag mit einem Minus in den Handelstag.