FRANKFURT (dpa-AFX) - Aussagen von US-Notenbankchef Jerome Powell vom Vortag haben am Mittwoch auch dem deutschen Aktienmarkt Auftrieb gegeben. Nachdem die US-Börsen (ETR:SXR4) zugelegt hatten, folgten die Börsen in Europa. Anleger reagierten erleichtert, denn Powell sagte unter anderem, der Prozess der sinkenden Inflation habe begonnen, auch wenn er noch in einem "sehr frühen Stadium" sei und weitere Fortschritte noch einige Zeit dauern dürften.
Ungeachtet dessen, dass zum Handelsstart an der Wall Street nun wieder Kursverluste drohen, stieg der Leitindex Dax am Nachmittag um 0,80 Prozent auf 15 444,18 Punkte. Bis zu seinem Höchststand seit Anfang des Jahres bei rund 15 520 Punkten am vergangenen Donnerstag ist es damit nicht mehr weit. Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es zur Wochenmitte um 1,07 Prozent auf 29 491,10 Punkte nach oben.
Am Freitag hatte ein sehr robuster US-Arbeitsmarkt den Anstieg der wichtigsten Börsenindizes erst einmal beendet und erneut Zinssorgen angefeuert. Powell habe am Vortag die Chance gehabt, einen Wechsel zu einer aggressiveren Haltung zu signalisieren und sie nicht wahrgenommen, sagte Bill Adams, Chefvolkswirt der Comerica (NYSE:CMA) Bank. Marktexperte Andreas Lipkow ergänzte: Erneute Sorgen vor steigenden Zinsen seien ausgeblieben und ein Zinsniveau von 5,0 bis 5,5 Prozent in den USA werde eingepreist.
Am deutschen Markt stand der Börsengang von Ionos im Blick. Der Internetkonzern United Internet (ETR:UTDI) brachte seine Webhosting-Tochter an die Börse, konnte jedoch nur den Mindesterlös einfahren: Die Papiere wurden zu einem Preis von je 18,50 Euro platziert. Der erste Kurs auf Xetra lag dann sogar darunter. Zuletzt sanken die Papiere auf 17,94 Euro, was im Vergleich zum Ausgabepreis ein Minus von 3,0 Prozent bedeutet. United Internet zeigten sich stabil auf Vortagesniveau.
Im Dax zogen Qiagen (ETR:QIA) , Eon (ETR:EONGn) , VW (ETR:VOWG) und Hannover Rück (ETR:HNRGn) Aufmerksamkeit auf sich. Der Diagnostikspezialist und Labordienstleister Qiagen rechnet 2023 mit weiteren Einbußen beim Umsatz und Ergebnis. Der Vorstand setzt im florierenden Kerngeschäft dennoch auf weiteres Wachstum. Analysten sprachen insgesamt von soliden Jahreszahlen für 2022 und einem ebensolchen Ausblick. Die Aktien gewannen 3,1 Prozent und zählten zu den Spitzenwerten im Dax.
Eon stiegen um 1,6 Prozent. Der Energiekonzern schnitt 2022 nicht zuletzt dank höherer Einnahmen aus der Atomkraft besser ab als erwartet. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) liegt vorläufigen Zahlen zufolge bei etwa acht Milliarden Euro. Das Management um Konzernchef Leonard Birnbaum hatte selbst im optimistischsten Szenario 200 Millionen Euro weniger erwartet. Auch soll der bereinigte Konzerngewinn mit 2,7 Milliarden Euro das obere Ende der Prognose übersteigen.
Die VW-Aktien sanken dagegen am Dax-Ende um 0,8 Prozent. Europas größter Autobauer steigerte ersten Eckdaten zufolge 2022 den Gewinn im laufenden Geschäft trotz des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise. Versorgungsengpässe bei Rohstoffen sowie anhaltende Probleme in etlichen Lieferketten hinterließen jedoch Spuren. Finanzmittel blieben dadurch etwa in den Lagerbeständen gebunden. Der Nettozufluss an freien Barmitteln habe die Erwartungen eindeutig verfehlt, monierten Händler und Analysten.
Keine klare Richtung schlugen die Anteile der Hannover Rück nach Neuigkeiten zu Vertragserneuerungen ein. Nach anfänglichen Gewinnen ging es am Nachmittag um 0,2 Prozent abwärts.
Im SDax richtete sich der Blick auf die Aktien von Heidelberger Druck (ETR:HDDG) , die nach zeitweise kräftigen Verlusten mit 0,7 Prozent ins Plus drehten. Der Maschinenbauer profitierte im abgelaufenen Quartal von einer großen Nachfrage aus Nordamerika und Europa und die Erlöse stiegen. Analysten lobten vor allem den starken Auftragseingang.
Außerhalb der Dax-Familie sprangen die Aktien von Hapag-Lloyd (ETR:HLAG) um 14,5 Prozent hoch, denn der Vorstand will für das "erfolgreiche Geschäftsjahr 2022" eine Dividende von 63 Euro je Anteilsschein ausschütten. Das ist deutlich mehr, als am Markt erhofft wurde.
Der Euro wurde mit 1,0729 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Dienstag auf genau 1,07 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,29 Prozent am Vortag auf 2,35 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,14 Prozent auf 125,72 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,05 Prozent auf 135,98 Punkte.