SEOUL (dpa-AFX) - Ein US-Soldat, der unerlaubt die innerkoreanische Grenze nach Nordkorea überquert hat, hatte sich einem Medienbericht zufolge zuvor in Südkorea strafbar gemacht. Wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap am Mittwoch unter Berufung auf die Justizbehörden meldete, hatte er gegen Koreaner und deren Militär pöbelnd einen Streifenwagen der Polizei mit Fußtritten beschädigt und wurde dafür zu einer Geldstrafe verurteilt. Wenige Stunden nach der mutmaßlichen Festnahme des US-Soldaten auf nordkoreanischer Seite hatte das dortige Regime am Mittwoch zwei ballistische Raketen in Richtung des Meers zwischen der koreanischen Halbinsel und Japan abgefeuert. Experten vermuten jedoch, dass dies eine Reaktion auf die Ankunft eines US-amerikanischen Atom-U-Bootes in der Region war.
Pjöngjangs jüngste Raketenstarts hätten "wahrscheinlich nichts" mit dem Grenzübertritt des jungen US-Soldaten zu tun, zitierte der britische Sender BBC Leif-Eric Easley von der Ewha-Universität in Seoul. Das nordkoreanische Regime habe tagelang Unmut über den Plan des US-Verteidigungsministeriums geäußert, ein atomar bewaffnetes U-Boot nach Südkorea zu schicken, berichtete die "New York Times".
Die einflussreiche Schwester des Machthabers Kim Jong Un, Kim Yo Jong, hatte laut dem US-Fernsehsender CNN zu Wochenbeginn erklärt, die Stationierung eines US-U-Boots mit ballistischen Raketen auf der Halbinsel würde die ohnehin schon zerrütteten Kommunikationslinien zwischen beiden Seiten beschädigen. Sie hatte schon zuvor auf die verstärkte militärische Zusammenarbeit der USA mit Südkorea mit Drohungen und Beschimpfungen des US-Präsidenten Joe Biden reagiert.
Erst vergangene Woche hatte die selbst ernannte Atommacht Nordkorea nach Angaben der Führung in Pjöngjang eine neuartige Langstreckenrakete mit Feststoffantrieb getestet. UN-Beschlüsse untersagen dem international isolierten Land die Tests von ballistischen Raketen jeglicher Reichweite. Solche Raketen können - je nach Bauart - auch mit einem Atomsprengkopf bestückt werden.
Den jüngsten Grenzübertritt eines US-Soldaten betrachte das Regime in Nordkorea indes vermutlich "als militärische, nachrichtendienstliche und gesundheitliche Bedrohung", so Easley. Wahrscheinlicher aber sei, dass der Mann aufgrund persönlicher Probleme "impulsiv" gehandelt habe. Der US-Soldat hatte laut den US-Streitkräften in Korea an einer Tour entlang des südkoreanischen Teils der entmilitarisierten Zone teilgenommen und die Grenze zu Nordkorea "absichtlich" übertreten.
Die sogenannte entmilitarisierte Zone trennt die beiden koreanischen Staaten voneinander. In den vergangenen Jahrzehnten überquerten schon mehrfach US-Amerikaner die Grenze zu Nordkorea ohne Erlaubnis. Dort wurden sie meist zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt und erst nach langen Verhandlungen wieder freigelassen.