BERLIN (dpa-AFX) - Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, sieht auch 15 Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine keine Anzeichen für eine Schwächung von Präsident Wladimir Putin. Man sehe keine erkennbaren Risse im System Putin, sagte der Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes am Montag vor der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) in Berlin. Trotz vereinzelter Kritik - etwa, was Munitionslieferungen angehe - gebe es auch keine Anzeichen, dass das System ins Wanken gerate oder implodiere. Dies sei aber auch nicht auszuschließen.
"Russland ist nach wie vor in der Lage, einen Krieg auf der langen Distanz gesehen zu führen" - mit immer wieder neu rekrutierten Soldaten, sagte Kahl. Dies gelte auch für die Bereiche Rüstung und Munition. Insofern sei von Schwachheit oder davon, dass die Aktivitäten zusammenbrechen könnten, nicht zu reden. Zwar gebe es Verwundbarkeiten und auch Überraschungen - etwa, was die Leistungsfähigkeit der Streitkräfte betreffe. Wenn aber der Westen die Ukraine nicht sehr organisiert unterstütze und Widerstand organisiere, könne sich Putins Strategie durchsetzen, auf die lange Zeitschiene und die Masse zu setzen.
Auf die Frage, wann genau der BND gewusst habe, dass Russland sein Nachbarland angreifen werde, sagte Kahl: "Ungefähr 14 Tage vor Kriegsbeginn haben wir auch Phänomene festgestellt, die nicht anders interpretierbar waren." Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte am 24. Februar vergangenen Jahres begonnen.
Kahl wies Kritik zurück, die Geheimdienste in den USA und Großbritannien hätten viel früher mit einem Angriff gerechnet als der BND. Die dortigen Kollegen hätten die Wahrscheinlichkeit eines Kriegs relativ stark anhand von Kriterien vorhergesagt, die sie beobachtet hätten. Der BND habe dagegen Wert darauf gelegt, dass die Entscheidung zum Angriff letztendlich von Putin getroffen werde. Der Kremlchef habe dies von vielen Dingen abhängig gemacht, "die nicht im Durchzählen von Raketen oder Panzern" bestanden hätten.