FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die Bankenbranche freut sich über die höheren Zinsen. Einer Studie zufolge sind die Institute wieder so profitabel wie vor der Finanzkrise. Die Aktien, die lange Verlustbringer waren, sind kräftig gestiegen.
9. Februar 2023. Frankfurt (Börse Frankfurt). Jahrelang hatten es die Banken nicht leicht: Das niedrige Zinsniveau, eine immer strengere Regulierung infolge der Finanzkrise 2007/2008 sowie die neue Konkurrenz durch Fintechs machten der Branche zu schaffen. Das sieht nun anders aus. So erzielte die Deutsche Bank (ETR:DBKGn) 2022 den höchsten Gewinn seit 15 Jahren. Die Commerzbank (ETR:CBKG) blickt auf zwei aufeinanderfolgende Jahre mit operativem Gewinn zurück, erwartet wird die Rückkehr in den DAX.
"Trotz zahlreicher Herausforderungen sind die Banken weltweit so profitabel wie vor der Finanzkrise", heißt es in einer McKinsey-Studie vom Dezember. "Hauptgrund für das starke Abschneiden sind die wesentlich höheren Margen, die Finanzinstitute durch den Anstieg der Zinsen generieren können."
Kräftige Erholung seit Herbst
Das hat sich auch in den Kursen der Bankaktien (NASDAQ:KBWB) niedergeschlagen. Der europäische Bankenindex Stoxx Europe 600 Banks kommt allein in diesem Jahr auf ein Plus von 17 Prozent, seit dem letzten Tief im Oktober sind es sogar 40 Prozent. Beim weltweiten Bankenindex MSCI World (ETR:X010) Banks sind es 16 Prozent beziehungsweise 29 Prozent. Beide Indizes haben sich damit viel besser entwickelt als der breite Markt.
Vom veränderten Umfeld profitieren allerdings nicht alle Banken gleichermaßen. "Es kommt auf den Schwerpunkt an: Zinsgeschäft mit Einlagen- und Kreditgeschäft oder Investment Banking", bemerkt Marc Richter von der Baader Bank. Das Zinsgeschäft laufe wieder gut, auch wenn im Kreditgeschäft teils Rückstellungen für Ausfälle gebildet werden müssten und das Hypothekengeschäft eingebrochen sei. "Steigende Zinsen bekommen zuerst die Kreditnehmer zu spüren, bei den Sparern dauert es, die Gewinnspannen steigen also." Im Investment Banking sehe es hingegen nicht so gut aus.
ABN Amro mit Kursverdopplung
Ein klarer Gewinner ist die niederländische ABN Amro Group. Sie legte am gestrigen Mittwoch sehr gute Zahlen vor das vierte Quartal vor. "Mit einem Nettogewinn von 354 Millionen Euro im vierten Quartal übertraf die Bank die Erwartungen deutlich", erklärt Walter Vorhauser von Oddo BHF. Besonders die Zinserträge sprudelten." Die Aktie (7:ABNd) kostet an der Börse Frankfurt mittlerweile 16,20 Euro, Ende 2022 waren es noch 13 Euro, im Tief im Oktober nur 8,62 Euro.
JP Morgan, Citi und BoA überraschen positiv
Bei den US-Banken mit starken Standbeinen im klassischen und im Investmentbanking zeigt sich die zweigeteilte Entwicklung. Auch JPMorgan Chase schnitt im vierten Quartal besser ab als erwartet. "Der Zinsüberschuss legte um fast die Hälfte zu", erklärt Richter. Allerdings brach das Kapitalmarktgeschäft ein, dazu kam eine milliardenschwere Risikovorsorge. Unter dem Strich lag der Überschuss mit gut 11 Milliarden US-Dollar dennoch rund 6 Prozent höher als ein Jahr zuvor.
"Der Kurs ist zuerst gesunken, dann aber wieder gestiegen", schildert der Händler die Marktreaktion. Aktuell kostet die Aktie der größten US-Bank an der Börse Frankfurt (1:JPM) 133 Euro. Ende 2022 waren es 124 Euro und im Tief im Oktober 105 Euro.
Auch bei der Citigroup gingen die Erträge im Investment Banking stark zurück, während sich Handelsgeschäft und Zinseinnahmen gut entwickelten, wie Vorhauser berichtet. Der Nettogewinn fiel im Jahresvergleich zwar um 21 Prozent auf 2,5 Milliarden Dollar, die Zahlen waren aber auch hier besser als erwartet. "Außerdem stellte die Bank für 2023 ein moderates Umsatzwachstum in Aussicht." Der Kurs (1:C) ist in diesem Jahr von 42 auf 48 Euro gestiegen.
Ebenfalls nach oben ging es für die Aktie der Bank of America (1:BAC). Auch deren Zahlen stießen auf viel Zuspruch. "Bank of America machte dank höherer Zinseinkünfte und eines florierenden Handelsgeschäfts mehr Gewinn", berichtet Richter. Die Aktie kostet aktuell 33,80 Euro nach 30,90 zum Jahresschluss.
American Express - "Zugpferd der US-Rally
Einen noch größeren Kurssprung legte allerdings der Zahlungsdienstleister American Express (1:AXP) hin. Die Aktie kletterte von 137 auf 167 Euro - ein Plus von 22 Prozent. "Damit gehört American Express zu den Zugpferden der Rally in den USA", sagt Marc Richter. Zwar musste der Kreditkartenkonzern im vierten Quartal deutlich mehr Geld für ausfallbedrohte Kredite zur Seite legen, der Gewinn schrumpfte. Die Erlöse stiegen aber um 17 Prozent auf den Rekordwert von 14,2 Milliarden US-Dollar. "Das Geschäft läuft super", kommentiert der Baader Bank-Händler. Außerdem gab American Express für das neue Jahr einen zuversichtlichen Ausblick ab. "Das war wie ein Befreiungsschlag."
"Stabile Lage der Eurozonen-Banken"
Auch insgesamt sind die Ausblicke Richter zufolge überwiegend gut. Er hält Banken als Depotbeimischung derzeit für durchaus interessant. "Die Tiefs dürften hinter uns liegen", meint Vorhauser und verweist auch auf die oft attraktiven Dividendenrenditen von Banktiteln. Die EZB-Bankenaufsicht hat den Geldhäusern in der Eurozone diese Woche übrigens eine stabile Lage bescheinigt. "Die Banken haben die wirtschaftlichen Auswirkungen der russischen Invasion in die Ukraine gut verkraftet", erklärte Aufsichtschef Andrea Enria am Mittwoch. Er verwies auf die starken Eigenkapital- und Liquiditätspositionen, die höhere Rentabilität und die kontinuierliche Qualitätsverbesserung der Aktiva.
von: Anna-Maria Borse © 9. Februar 2023, Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG
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