FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Nachdem die Notenbanken in Großbritannien und den USA ihre Leihzinsen unverändert gelassen haben, scheint der Zinsgipfel erreicht. An den Rentenmärkten beginnen erste Spekulationen auf sinkende Renditen. Auch Unternehmensanleihen aus Deutschland, Österreich und Lettland werden gekauft.
3. November 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Stimmung ist gut. Wie an den Aktienmärkten sind auch bei den Anleihen die Kurse in den vergangenen Tagen gestiegen. "Das Glas ist für die meisten Anleger eher halb voll als halb leer", beschreibt Arthur Brunner von der ICF Bank die aktuelle Gemengelage. Die Kundschaft kaufe momentan Anleihen querbeet über alle Laufzeiten. Darunter auch Papiere mit weit in der Zukunft liegenden Fälligkeiten, wie die bis 2046 laufende Bundesanleihe (6:DE000110234=MI) mit einem jährlichen Kupon von 2,5 Prozent und einer Rendite von 3,0 Prozent. Deren Kurs war in den letzten elf Monaten von 116 Prozent auf 89 Prozent gefallen, konnte sich zuletzt aber stabilisieren.
Bei den Zehnjährigen ist die Rendite im Wochenverlauf von 2,82 auf 2,71 Prozent gesunken. Auch in den USA ging es mit dem Zinsniveau weiter bergab. Die Reaktion des Marktes auf die Notenbanksitzungen lässt laut Brunner darauf schließen, dass für das laufende Jahr gar keine Zinsanhebungen mehr erwartet werden. US-Notenbankchef Jerome Powell hatte am Mittwoch allerdings bekräftigt, dass die Fed weiterhin "von Sitzung zu Sitzung" entscheiden werde.
Spekulation auf fallende Renditen
Entscheidend dürfte am Ende die Datenlage sein. Daher stehen bei den Rentenhändlern heute auch die bereits um 13:30 Uhr vorgelegten monatlichen Arbeitsmarktdaten für die USA im Fokus. "Diese Daten werden die weitere Richtung der Anleihekurse stark beeinflussen", heißt es dazu bei Hauck Aufhäuser Lampe. Erwartet wird ein Anstieg der Beschäftigten (ex Agrar) um 170.000 bis 185.000, nachdem es im September 336.000 neue Stellen gegeben hatte. Die Arbeitslosenquote soll stabil bei 3,8 Prozent verharren.
Bei der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank werfen einige Kunden den Blick bereits in die Zukunft, indem sie sich für potenzielle Zinssenkungen positionieren. "Nachdem bislang vor allem kürzere Laufzeiten bevorzugt wurden, sehen wir jetzt auch ganz vorsichtige Käufe in Langläufern", erklärt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. Hier wird zum Beispiel die bis 2062 laufende Anleihe der Republik Österreich (17:AT50YT=RR) gekauft, die von 135 Prozent auf jetzt 103 Prozent gefallen ist und bei sinkenden Renditen wieder zulegen würde. Daniel vermutet hier vor allem eine "Spekulation auf Kursgewinne".
Neue Bonds von Dt. Rohstoff AG und Eleving Group
Im Segment der Unternehmensanleihen wird bei der ICF Bank aktuell eine neue Anleihe der Deutsche Rohstoff AG (ETR:DR0G) (DE000A3510K1) stark nachgefragt, wie Brunner berichtet. Nachdem das Unternehmen in dieser Woche Rekordergebnisse vorgelegt hat, ist der Kurs des Ende September zu 100 Prozent emittierten Bonds auf 107 Prozent gestiegen. Bis zur Fälligkeit im September 2028 ist dank des 7,5 Prozent-Kupons trotzdem noch eine Rendite von 5,8 Prozent möglich. Bei der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank fokussiert sich die Kundschaft auf zwei Anleihen von Volkswagen (ETR:VOWG), die bei Laufzeiten bis 2025 bzw. 2026 Renditen von 3,9 Prozent (0:XS2374595127=TX) bzw. 3,8 Prozent (0:XS1893631769=TX) bieten.
Bei der Steubing AG dreht sich wie schon in der Woche zuvor vieles um die zuletzt im Kurs etwas gestiegenen Anleihen von Bayer (ETR:BAYGN) (XS2630111719), Mercedes-Benz (ETR:MBGn) (DE000A3LH6T7) und dem österreichischen Baumaterialkonzern Wienerberger (VIE:WBSV) (AT0000A37249). Rentenhändler Agon Alihajdari sieht zudem verstärktes Interesse an einer ganz neuen, fünfjährigen Anleihe der lettischen Eleving Group (DE000A3LL7M4). Das in Euro notierte Papier des Anbieters von Finanz- und Mobilitätslösungen besitzt einen zweistelligen Kupon von 13 Prozent.
Tauschangebot von FCR Immobilien
Die in der vergangenen Woche vom Handel ausgesetzte Anleihe von FCR Immobilien mit einer Laufzeit bis April 2024 und einem Kupon von 5,25 Prozent (DE000A2TSB16) ist mittlerweile wieder handelbar. Daniel sieht hier bislang aber nur "ganz marginale Umsätze". Interessant könnte das Papier nach Ansicht des Händlers mit Blick auf mögliche Arbitragechancen sein, da die Emittentin den Tausch in eine neue, bis 2028 laufende Anleihe mit einem deutlich höheren Kupon von 7,25 Prozent anbietet. Bei einem Umtauschverhältnis von 1:1 gibt es zudem je Teilschuldverschreibung einen Betrag von 20 Euro in bar. Die neue Anleihe kann bis voraussichtlich 21. November 2023 über die Börse Frankfurt gezeichnet werden.
Von Thomas Koch, 3. November 2023 © Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG
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