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Börse Frankfurt-News: Keine Angst vor tückischer Transparenz (Fondskosten)

Veröffentlicht am 06.11.2023, 12:51
Aktualisiert 06.11.2023, 13:00
© Reuters.
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FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fondskosten sind für den Anlageerfolg entscheidend. Mit der EU-Regulierung werden diese Kosten in den Prospekten von ETFs und Fonds deutlich transparenter dargestellt - aber auch komplexer. Sie sollten sich nicht von der Komplexität abschrecken lassen, findet Ali Masarwah.

6. November 2023. Anlegerinnen und Anleger, die bei ETFs und Fonds auf die Kosten achten, haben schon fast gewonnen. Denn die Höhe der Gebühren gibt Aufschluss über die Erfolgschancen von Anlageprodukten. Es ist längst bekannt, dass günstige Fonds besser als teure Fonds davor gefeit sind, außerplanmäßig aufgelöst zu werden, und sie sind in aller Regel erfolgreicher. Die Renditenunterschiede vergleichbarer teurer und günstiger Fonds sind mitunter erschreckend. 

Die europäische Fondsregulierung hat in den vergangenen Jahren die Kosten von Fonds bis ins kleinste Detail ausgeleuchtet, definiert, und den Vermögensverwaltern wurde auferlegt, alle Kosten offenzulegen. Die lassen sich in drei Blöcke unterteilen: einmalige Kosten (Ausgabeaufschläge/Rücknahmegebühren), laufende Kosten (Verwaltungs- und Vertriebsgebühren) sowie Kosten, die unregelmäßig anfallen können (Performance Fees).

Doch mit der europäischen Transparenz kam die EU-typische Komplexität. Mussten Fondsanlegerinnen und -anleger früher nur nach der Verwaltungsvergütung und dem Ausgabeaufschlag Ausschau halten, so müssen sie nun wissen, dass sie vor dem Kauf in den gesetzlich geregelten Basisinformationsblättern (ex ante) Kostenschätzungen vorfinden, nach dem Kauf konkrete Informationen über die Transaktionen bekommen, die ebenfalls mit (ex post) Kostenschätzungen garniert sind, die allerdings von den Schätzungen in den Basisinformationsblättern abweichen. Die Komplexität der Regelungen wurde zur Einführung im Mai 2018 wegen zahlreicher Pannen und auch der abgehobenen Sprache der Regulierung heftig in den Medien kritisiert. Noch heute hat die EU-Kostenregulierung einen schlechten Ruf, weil sie "unrealistisch" und "überkomplex" sei. Richtig daran ist, dass die EU den Banken und Asset Managern nicht auferlegt hat, die Komplexität einfach darzustellen. Und sie hat es versäumt, Benchmarks bei den Kostenkomponenten zu definieren.

An sich sind die Regeln gut verständlich, wenn Anleger eines berücksichtigen: Die EU will mit ihren Regeln die Erfahrungen des Langfristanlegers abbilden und dabei die Kosten auf Heller und Cent ermitteln. Sie muss daher auf Schätzungen zurückgreifen, was für viele Anleger ungewohnt ist. Fünf Punkte, die diesen Umstand verdeutlichen:

Bisher erfolgte die Aufstellung der Gebühren nur in Prozent des investierten Vermögens und sie umfasste nur die laufenden Kosten eines Jahres. Heute müssen die Produktanbieter die langfristigen Folgen in Heller und Cent ausdrücken. Bei Aktienfonds werden Haltedauern von einem, drei, fünf und ggf. auch sieben Jahren vorausgesetzt. In den Kostenaufstellungen, die dem Anleger vor dem Kauf ausgehändigt werden müssen (ex ante), werden die aggregierten Einmalkosten sowie die laufenden Kosten vermittelt. Viele Anleger dürften hier zum ersten Mal vor Augen geführt bekommen, um wie viel sich ihre Rendite bei einer kurzen Haltedauer reduziert.

Weil die Kosten von Fonds langfristig ausgewiesen werden sollen, kommen Renditeschätzungen zum Tragen. In aller Regel wird das mittlere (halbwegs optimistische) Szenario als Grundlage verwendet. Aber Szenarien sind nicht die Realität: Fällt die künftige Rendite geringer aus als im Szenario, bezahlt der Anleger weniger für den Fonds, fällt sie höher aus, zahlt er mehr. Das liegt daran, dass die laufenden Fondsgebühren in Prozent des investierten Vermögens erhoben werden und nicht fixe Kosten sind.

Mitunter kann verwirren, dass die Kostenschätzungen in den Dokumenten vor dem Kauf (ex ante) und nach dem Kauf (ex post) auf unterschiedlichen Grundlagen erfolgen. Die aggregierte Kostenrechnung im ersteren kann auf sieben, die im letzteren auf fünf. Wenn also die Kosten nach dem Kauf niedriger ausfallen, dann liegt das nicht an einer Kostensenkung, sondern daran, dass ein kürzerer Anlagehorizont hinter der Rechnung steht.

Es gibt keine einheitliche Regelung bei ETFs. Manche veranschlagen "Eintrittskosten" von bis zu zwei Prozent. Diese beziehen sich nicht auf den Spread an der Börse, sondern auf einen höchst theoretischen Kauf über den Fondsanbieter. ETFs werden allerdings von Privatanlegern ausnahmslos über die Börse gehandelt, sodass der unter Umständen einkalkulierte Ausgabeaufschlag zu vernachlässigen ist. Viele ETF-Anbieter veranschlagen die Eintrittskosten mit null Prozent, was wiederum auch nicht korrekt ist, weil über den Börsenhandel durchaus Kosten entstehen, die allerdings bei den Kostenkalkulationen in den Basisinformationsblättern nicht offenlegungspflichtig sind.

Die Angaben zu den Folgen der Performance Fee sollten Anleger zur Kenntnis nehmen, aber als Schätzung behandeln, auch wenn sie auf realen Kosten basieren. Die Performance-Gebühren aus der Vergangenheit werden in die Zukunft fortgeschrieben. Aber da niemand weiß, ob ein Fonds auch in Zukunft eine Outperformance erzielt, sind diese Angaben nur insofern von Nutzen, als Anleger noch einmal vor Augen geführt wird, wie teuer ein Fonds werden kann, wenn er erfolgreich ist.

von: Ali Masarwah, 6. November 2023, © envestor.de

Ali Masarwah ist Fondsanalyst und Geschäftsführer von envestor.de, eine der wenigen Fondsplattform, die Cashbacks auf Fonds-Vertriebsgebühren zahlt. Masarwah analysiert seit über 20 Jahren Märkte, Fonds und ETFs, zuletzt als Analyst beim Research-Haus Morningstar. Seine Expertise wird auch von zahlreichen Finanzmedien im deutschsprachigen Raum geschätzt.

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.

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