Mariana Alexandrova ist 53 Jahre alt und lebt in Sofia, der Hauptstadt von Bulgarien. Sie leidet an Typ-2-Diabetes. Ihr Herz ist sehr anfällig. Sie nimmt täglich drei Medikamente für das Herz, zwei Medikament für Diabetes und vier weitere für andere Krankheiten.
Ihre Arztrechnungen belaufen sich auf umgerechnet etwa 100 Euro pro Monat – in einem Land, in dem der durchschnittliche Monatslohn bei weniger als 1.000 Euro liegt.
Auch wenn es eine große finanzielle Belastung ist, Mariana Alexandrova kann sich alle Behandlungen leisten. Als Vorsitzende einer Patientenvereinigung weiß sie allerdings, dass nicht jeder so privilegiert ist.
"Patienten, die in Rente sind oder nur Sozialhilfe beziehen oder ein sehr geringes Einkommen haben, entscheiden sich oft dafür, nur eine oder zwei der drei oder vier Krankheiten zu behandeln, an denen sie leiden", erklärt Mariana Alexandrova.
Umfrage: 19% der Bulgar:innen können sich keine Medikamente leisten
Das Problem ist in Bulgarien weit verbreitet. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage gaben 19 % der Befragten an, dass sie sich nicht alle benötigten Medikamente leisten können.
"Sie nehmen oft das billigste Mittel gegen Diabetes und ein oder zwei Medikamente gegen Bluthochdruck. Aber alle anderen Medikamente gegen diabetische Fuß-, Augen-, Nieren-, Magen- oder neurologische Erkrankungen lassen sie einfach weg", so Mariana Alexandrova.
Patienten mit Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen scheinen besonders betroffen zu sein. Im Nationalen Kardiologiekrankenhaus sagt der Leiter der klinischen Abteilung, Borislav Georgiev, dass die hohen Kosten für Medikamente lebensbedrohliche Konsequenzen haben können.
"Es kommt zu einem Wiederauftreten der stenokardialen Symptomatik, zu Komplikationen, wiederholten Herzinfarkten, zur Entwicklung von Arteriosklerose in anderen Körperteilen, zum Beispiel in den Beinen, mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Schlaganfällen und so weiter", erklärt Georgiev.
Die spezifische Höhe der Kostenerstattung durch die nationale Krankenversicherung erklärt teilweise die Situation, und nur die bulgarische Regierung kann hier handeln.
Günstigere Generika können das Problem nicht immer lösen
Aber auch mögliche Maßnahmen auf EU-Ebene könnten hier und in allen Mitgliedstaaten zu einer Verbesserung beitragen. Auf der Suche nach erschwinglicheren Arzneimitteln hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, den Wettbewerb zu verstärken und Generika und Biosimilare schneller verfügbar zu machen.
Eine Möglichkeit, die verfolgt werden sollte, sagt Arkadi Sharkov, Berater des bulgarischen Gesundheitsministeriums. "Das Angebot von Generika und Substituten ist eine Maßnahme, die in gut entwickelten Ländern mit einem guten Kartellrecht einwandfrei funktioniert", so Sharkov.
"Um diese Maßnahme anzuwenden müsste Bulgarien die so genannte vertikale Integration überprüfen – das heißt, die Verbindung zwischen Hersteller, Großhändler und Apotheke, um einen Monopolvorteil bei der Abgabe von Arzneimitteln zu vermeiden".
Aber die Verwendung von Generika ist in Bulgarien bereits weiter verbreitet als in anderen größeren und reicheren Mitgliedstaaten.
Maßnahmen müssen her, für einige Patient:innen wird die Zeit knapp
Deshalb schlägt die Europäische Kommission außerdem vor, mehr patentfreie Arzneimittel zu verwenden, die für neue Therapien umgewidmet werden. Die Hoffnung ist, dass eine größere Verfügbarkeit von alternativen Therapien zu niedrigeren Preisen führt.
Mehr Transparenz bei den öffentlichen Mitteln für die Entwicklung von Arzneimitteln könnte ebenfalls dazu beitragen, dass sie erschwinglicher werden, meint die Europäische Kommission.
Wie auch immer sie aussehen, Lösungen sind dringend nötig, weil die Zeit für bestimmte Patient:innen knapp wird, sagt Mariana Alexandrova - als Vorsitzende der Patientenvereinigung, und auch als Betroffene. "Eine meiner Kolleginnen mit Diabetes ist 53 Jahre alt. Sie kann sich derzeit nur einen Bruchteil der Medikamente für Bluthochdruck und die billigsten für Diabetes leisten."
Alle anderen Medikamente - sie habe auch vier oder fünf chronische Komplikationen, erklärt Mariana Alexandrova - lasse sie einfach weg.
"sie kann sich die Medikamente, die sie braucht, einfach nicht kaufen. Sie hofft nur, dass es nicht noch viel komplizierter wird."