Investing.com - Die Spannung in der Finanzwelt steigt: In wenigen Tagen wird Fed-Chef Jerome Powell beim alljährlichen Notenbank-Symposium in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming eine der wohl wichtigsten Reden des Jahres halten. Während Investoren fieberhaft auf Hinweise zur zukünftigen Geldpolitik der Federal Reserve (Fed) warten, erwarten Analysten keine radikalen Ankündigungen. Stattdessen dürfte Powell auf einen behutsamen und geordneten Rückzug aus der bisherigen restriktiven Geldpolitik hinweisen.
Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die Fed den Leitzins in den letzten Monaten auf dem höchsten Stand seit mehr als zwei Jahrzehnten gehalten.Doch mit dem aktuellen Risiko eines Wirtschaftsabschwung wächst der Druck, die Zinsen wieder zu senken, um einer möglichen Rezession entgegenzuwirken.
Laut einer aktualisierten Zinsprognose der UBS (SIX:UBSG) wird Powell in Jackson Hole einen „geordneten Ausstieg“ aus der restriktiven Geldpolitik ankündigen. „Mit geordnet meinen wir Zinssenkungen um 25 Basispunkte und nicht um 50 Basispunkte“, erklärten die Ökonomen der UBS. Ein Basispunkt entspricht dabei einem Hundertstel Prozentpunkt.
Die UBS-Ökonomen gehen davon aus, dass Powell in den verbleibenden Monaten dieses Jahres bei jeder der drei anstehenden Sitzungen des Federal Open Market Committee (FOMC) – dem Gremium der Fed, das über die Geldpolitik entscheidet – eine Zinssenkung um jeweils 25 Basispunkte ankündigen wird. Diese Maßnahme soll die Wirtschaft stützen, ohne dabei das Risiko einer wieder anziehenden Inflation einzugehen. Powell werde wahrscheinlich eine „etwas weniger restriktive Geldpolitik als bisher in Aussicht stellen, um die Geldpolitik besser zu positionieren, d.h. eine Art Neukalibrierung vorzunehmen“, so die UBS weiter.
Powell wird jedoch kaum konkrete Versprechen machen, sondern die Datenabhängigkeit der Fed betonen. Das bedeutet, dass zukünftige Zinssenkungen davon abhängen werden, ob die Inflation weiter in Richtung des angestrebten Ziels von 2 % sinkt. Wie die UBS betont: „Powell dürfte weiterhin darauf hinweisen, dass weitere Zinssenkungen nach einer Rekalibrierung von anhaltenden Fortschritten bei der Inflation in Richtung 2 % abhängig gemacht werden sollten.“
Der jüngste US-Arbeitsmarktbericht, der einen Anstieg der Arbeitslosenquote verzeichnete, sorgte für Spekulationen über stärkere Zinssenkungen. Der sogenannte Sahm-Rule-Indikator, der auf eine Rezession hinweist, wenn die Arbeitslosenquote über einen Zeitraum von drei Monaten um mindestens 0,5 % ansteigt, wurde ausgelöst. Doch Analysten, wie die von Morgan Stanley (NYSE:MS), relativieren diese Bedenken und argumentieren, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften weiterhin stabil bleibt, was das Risiko einer schweren Rezession mindert. „Der Anstieg der Arbeitslosenquote ist nicht so besorgniserregend wie in früheren Konjunkturzyklen“, so die Einschätzung der Morgan Stanley-Experten.
Während die Fed also einerseits vorsichtig vorgeht und eine langsame Anpassung der Zinspolitik plant, bleibt sie gleichzeitig flexibel. Sollte sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtern, könnte dies die Notwendigkeit für weitere Zinssenkungen im nächsten Jahr verstärken. Die UBS zeigt sich jedenfalls optimistisch, dass die Inflation bis Mitte nächsten Jahres das angestrebte Niveau erreicht und die Fed dann weiteren Spielraum für geldpolitische Lockerungen hat. Die UBS erklärte: „Wir sind zufrieden mit unserer Prognose, dass die PCE-Inflation im zweiten Quartal des nächsten Jahres 2,0 % und die Kerninflation 2,1 % erreichen wird.“
Powells Rede in Jackson Hole wird daher genau beobachtet werden – nicht nur als Indikator für die kurzfristige Zinspolitik, sondern auch als Weichenstellung für die wirtschaftliche Zukunft der USA. Klar ist: Die Fed wird nichts überstürzen, sondern Schritt für Schritt vorgehen, um die wirtschaftlichen Herausforderungen der kommenden Monate zu meistern.