BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die Einigung von EU-Staaten auf eine Verschärfung von Asylverfahren stößt bei Europaparlamentariern der Grünen auf massiven Widerstand. "Die EU-Mitgliedsstaaten haben ihren moralischen Kompass verloren", monierte der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, in der Nacht zu Freitag. "Es ist beschämend, dass auch die deutsche Innenministerin Nancy Faeser mit Zustimmung der Ampel-Koalition diesem Vorschlag zugestimmt hat." Die Einigung der EU-Innenminister habe einen zu hohen Preis. "Dieses Ergebnis stößt bei uns auf entschiedene Ablehnung."
Bei einem Innenministertreffen in Luxemburg hatte am Donnerstagabend eine ausreichend große Mehrheit an Mitgliedstaaten, unter anderem auch die Bundesregierung, für umfassende Reformpläne gestimmt. Demnach sollen die Asylverfahren in der EU angesichts der Probleme mit illegaler Migration deutlich verschärft werden. Vorgesehen in den nun vereinbarten Reformplänen ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive. Faeser (SPD) hatte die Entscheidungen als historisch gewürdigt. Denkbar ist aber, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht.
Andresen sagte, die Mitgliedsstaaten hätten sich auf eine Politik verständigt, die Menschenrechte massiv abbaue und nicht in der Lage sei, die Herausforderungen in der Asylpolitik zu bewältigen. "Wir befürchten menschenrechtswidrige Masseninternierungen an den EU-Außengrenzen, so wie wir es in der Vergangenheit beispielsweise in Moria mit unhaltbaren menschenrechtswidrigen Zuständen erlebt haben." Zudem könnten sogar Kinder und Jugendliche in Grenzlager festgehalten werden. Die gute Nachricht sei, dass diese Einigung noch nicht Gesetz sei. Das Europäische Parlament gehe mit einer ausgewogeneren Position in die Verhandlungen. "Wir werden vehement dafür kämpfen, dass reale Lösungen statt der Abbau von Menschenrechten beschlossen wird."
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Terry Reintke, monierte, die Einigung des Rats beinhalte unter anderem nicht ausreichend rechtsstaatliche Verfahren sowie Inhaftierungen an den EU-Außengrenzen. "Die Position des Rats widerspricht europäischen Werten wie den Grundrechten und der Achtung der Rechtsstaatlichkeit." Die Fraktion lehne den Beschluss des Rats ab, sagte die deutsche Politikerin.