LONDON (dpa-AFX) - Der Goldpreis ist am Donnerstag mit der Aussicht auf weniger stark steigende US-Zinsen erstmals seit acht Monaten wieder über die Marke von 1900 US-Dollar gestiegen. Am Nachmittag wurde eine Feinunze (etwa 31,1 Gramm) an der Börse in London mit 1901 US-Dollar gehandelt. So hoch stand der Goldpreis zuletzt im Mai 2022. Seit Beginn des Jahres hat sich Gold etwa vier Prozent verteuert.
Marktbeobachter erklären den aktuellen Preisanstieg mit einer Kursschwäche des Dollar, nachdem am Markt verstärkt auf moderatere Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed spekuliert wurde. In Euro gerechnet kostete eine Feinunze Gold am Donnerstag 1750 Euro.
Neue Inflationsdaten aus den USA zeigten, dass die Teuerung weiter auf dem Rückzug ist. Die Inflationsrate sank im Dezember auf 6,5 Prozent, nachdem sie im Monat zuvor bei 7,1 Prozent gelegen hatte. Auch die Kerninflation, die schwankungsanfällige Preise von Energie und Lebensmitteln ausblendet, ging weiter zurück.
Der Rückgang der Inflation gibt der amerikanischen Notenbank Spielraum, ihren Kampf gegen die Inflation etwas gelassener zu führen. Der regionale Fed-Chef von Philadelphia, Patrick Harker, sprach sich am Donnerstag bereits für kleinere Zinsschritte um 0,25 Prozentpunkte aus. Im vergangenen Jahr hatte die Fed entschieden mit Zinsschritten um 0,75 Punkte und zuletzt im Dezember um 0,50 Punkte gegen die hohe Inflation angekämpft.
Die Spekulation auf weniger stark steigende Zinsen in den USA belastet die amerikanische Währung bereits seit einigen Tagen. Da Gold international in Dollar gehandelt wird, macht die Kursschwäche das Edelmetall auf dem Weltmarkt günstiger, was die Nachfrage verstärkt.
"Insgesamt setzt sich am Markt die Meinung durch, dass die Inflation ihren Höhepunkt gesehen hat und die Zeit der aggressiven Zinsschritte in den USA zu Ende geht", kommentierte Edelmetallhändler Alexander Zumpfe vom Handelshaus Heraeus.
Seit Anfang November befindet sich der Goldpreis in einer Aufwärtstendenz. In dieser Zeit hat sich das Edelmetall um mehr als 200 Dollar je Feinunze verteuert. Nach Einschätzung von Zumpfe haben deutsche Privatanleger allerdings zurückhaltend auf den seit November stetig steigenden Preis für das Edelmetall reagiert. "Sollte sich der aktuelle Aufwärtstrend fortsetzen und das Metall deutlich über 1900 Dollar klettern, könnte aber auch hier ein Umdenken einsetzen", sagte der Heraeus-Experte.