Berlin, 11. Nov (Reuters) - Die Wirtschaftsweisen bringen Änderungen bei der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse ins Spiel. "Aufgrund der besonderen finanzpolitischen Herausforderungen im Rahmen der Corona-Pandemie könnte zu deren Bewältigung eine erneute Übergangsphase der Schuldenbremse erwogen werden", hieß es im Gutachten der Wirtschaftsexperten für die Bundesregierung, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. "So sah die Übergangsphase zwischen den Jahren 2010 bis 2016 eine stufenweise Reduktion der strukturell zulässigen Nettoneuverschuldung vor." Das könnte nun für den Zeitraum bis 2024 wieder in Erwägung gezogen werden.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant wegen der massiven wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für dieses und nächstes Jahr mit einer jeweils sehr hohen Neuverschuldung. Aufgrund der Ausnahmesituation kann er dabei aber von der Schuldenbremse abweichen, sofern der Bundestag dafür grünes Licht gibt. Ab 2022 sollen die Regeln dann nach Möglichkeit wieder eingehalten werden. Das könnte aber den Spielraum für Investitionen begrenzen, was teilweise kritisch gesehen wird.
Laut den Wirtschaftsweisen ergibt sich 2022 eine maximal zulässige Nettokreditaufnahme des Bundes von 23,8 Milliarden Euro. Damit würde die Schuldenbremse noch eingehalten werden. Dieser Wert dürfte 2023 dann auf 12,9 Milliarden Euro sinken, 2024 auf 7,2 Milliarden.
Lob von den Wirtschaftsweisen gab es für das Konjunkturpaket der Bundesregierung. Es dürfte 2020 die Corona-Rezession abgemildert haben. "Im Jahr 2021 dürfte vom Konjunkturpaket ebenfalls noch ein Stabilisierungsbeitrag ausgehen." Das Bruttoinlandsprodukt werde deswegen um 0,4 bis 0,7 Prozent höher liegen als ohne diese Hilfe. Kritisch werden dagegen die Überbrückungshilfen gesehen, also Zuschüsse zu den Fixkosten von Selbstständigen und Unternehmen. Hier sind Anträge nur über einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer möglich, was Missbrauch vorbeugen soll. "Für viele kleinere Unternehmen dürften die im Vergleich zur Unterstützung relativ hohen Kosten einen Antrag unwirtschaftlich machen", so die Wirtschaftsweisen.