Investing.com - Nach dem Ausverkauf auf den tiefsten Stand seit Mitte August hat sich der EUR/USD in den letzten Stunden wieder etwas erholt. Von seinem Sechswochentief bei knapp 1,1500 Dollar hat sich die Gemeinschaftswährung um 35 Pips vorgearbeitet.
Die starken Kursverluste im Währungspaar sind dennoch ein schlechtes Vorzeichen für die nächsten Wochen. Denn erfahrungsgemäß erholt sich die Gemeinschaftswährung nur langsam von solch einer starken Erschütterung, vor allem wenn sie heute unterhalb der Schlüsselunterstützung von 1,1527 Dollar schließen sollte.
Auslöser für die jüngsten Verluste ist der Haushaltsplan der italienischen Regierung. Italiens Vize-Regierungschef Di Maio sagte, dass man von dem Defizitziel von 2,4 Prozent für das kommende Jahr nicht abrücken werde, was den Ausverkauf der Gemeinschaftswährung noch beschleunigte.
Aber auch die Aussagen von Claudio Borghi, Wirtschaftsexperte der rechten Lega, drückten auf die Stimmung im EUR/USD: "Ich bin ehrlich überzeugt davon, dass Italien die meisten seiner Probleme lösen würde, wenn es eine eigene Währung hätte".
Kurze Zeit später sagte er aber, dass "es innerhalb der Regierung keinen Plan gibt, den Euro zu verlassen, ungeachtet meiner persönlichen Überzeugung".
Was die Marktteilnehmer jetzt fürchten, sind Sanktionen der EU gegen Italien, weil die EU-Haushaltsziele nicht eingehalten werden. Womöglich stoppt sogar die Europäische Zentralbank den Kauf von italienischen Anleihen, die Teil des Anleihekaufprogramms sind.
Die hohe Unsicherheit sorgt dafür, dass die italienischen Anleiherenditen dramatisch gestiegen sind, während Italiens Bankaktien massiv unter Druck geraten sind. Solche Entwicklungen könnten zu strafferen Finanzierungsbedingungen in Italien führen und das Wachstum ausbremsen. Eine Wirtschaftskrise oder eine Euro-Schuldenkrise 2.0. kann mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen werden.
Ob die EU jedoch Italien sanktionieren wird, bleibt abzuwarten. Die Einzelheiten zum italienischen Haushalt liegen noch nicht vor. Italien plant eine Neuverschuldung des BIPs von 2,4 Prozent für die nächsten drei Jahre, was über der Vorgabe der EU liegt, die nur 0,8 Prozent vorsieht. Italiens Finanzminister Tria hatte zuvor die Neuverschuldung auf 1,6 Prozent geschätzt.
EUR/USD - charttechnischer Ausblick
Der EUR/USD scheiterte zuletzt oberhalb der psychologisch wichtigen Marke von 1,18 Dollar und sank daraufhin um mehr als 200 Pips. Die nächste wichtige Unterstützung liegt bei 1,1526/07 Dollar - den Tiefs vom 03./10. September und der 100-Wochen-Linie. Sollte das Paar darunter schließen, so drohen Anschlussverluste in Richtung der 200-Wochen-Linie bei 1,1331 Dollar.
Sollte die Schlüsselunterstützung dagegen halten, so braucht der EUR/USD einen raschen Wiederanstieg über 1,1800 Dollar, um die negative Ausgangslage zu negieren. Danach wäre ein Test des Hochs vom 14. Juni bei 1,1853 Dollar möglich.
Geschrieben von Robert Zach