FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Hoffnung auf eine weiter aktienmarktfreundliche amerikanische Geldpolitik hat den Dax F:DAX am Donnerstag gestützt. Allerdings bremste die Unsicherheit vor dem ungewissen Ausgang des Schottland-Referendums über eine künftige Unabhängigkeit die Risokofreude. Der deutsche Leitindex stieg in der ersten Handelsstunde um 0,46 Prozent auf 9705,81 Punkte. Damit folgte er den moderat positiven Vorgaben der Wall Street. Für den MDax F:MDAX ging es um 0,13 Prozent auf 16 174,51 Punkte hoch und der TecDax F:TDXP gewann 0,41 Prozent auf 1246,14 Punkte. Beim Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 F:SX5E stand ein Plus von 0,28 Prozent zu Buche.
Die US-Notenbank Fed war am Vorabend bei ihrem Passus "beträchtlichen Zeitraum" geblieben, für den der Leitzins auch nach dem Ende des Anleihekaufprogramms sehr niedrig bleiben dürfte. Daraufhin hatte der US-Leitindex Dow Jones Industrial F:DJI ein weiteres Rekordhoch markiert, während der marktbreite S&P 500 F:INX daran nur um Haaresbreite gescheitert war. Letztlich blieben jedoch nur moderate Gewinne übrig, und der Future auf den Dow legte seit dem Xetra-Schluss um 0,14 Prozent zu. Die asiatischen Aktienmärkte profitierten ebenfalls überwiegend von den Fed-Aussagen.
WARTEN AUF SCHOTTEN UND EZB-KREDITE - BAYER-REKORDHOCH
Für Vorsicht sorgte allerdings das von Meinungsforschern erwartete Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Befürwortern und Gegnern einer schottischen Abspaltung von Großbritannien. Marktstratege Stan Shamu vom Broker IG sieht die globalen Märkte nun "im Auge des Sturms". Außer dem Referendum in Schottland sollte auch der Start der Vergabe langfristiger Kredite der Europäischen Zentralbank (EZB) an die europäischen Banken einen Blick wert sein.
Der angekündigte Börsengang der Kunststoffsparte trieb die Bayer-Aktien (ETR:BAYN) bis auf einen Rekordstand von 111,80 Euro. Zuletzt gewannen die Titel des Pharma- und Chemiekonzerns noch 4,90 Prozent auf 111,35 Euro, was für den Spitzenplatz im Dax reichte. Die Sparte soll von Analysten mit knapp acht Milliarden Euro bewertet werden. Das Geschäft mit hochwertigen Polymer-Werkstoffen gilt als konjunkturanfällig - über einen Verkauf wird seit Jahren spekuliert. Ein Händler sieht das sehr positiv: "MaterialScience gilt seit langem als Sorgenkind. Wenn sich Bayer nun auf sein margenstärkeres Geschäft fokusieren kann, könnte das eine Neubewertung auslösen."
SIEMENS SCHWÄCHER - KONKURRENT-GESPRÄCHE, STUDIE
Dagegen ging es bei Siemens F:SIE um 0,73 Prozent bergab. Von Händlern hieß es, die Fusionsgespräche zweier Konkurrenten sowie die gestrigen Aussagen des Mischkonzerns über konjunkturelle Unsicherheiten drückten etwas auf die Stimmung. Zudem stufte die französische Investmentbank Exane BNP Paribas die Aktie auf "Neutral" ab. Der Schweizer Industriekonzern Sulzer F:SUN (FSE:SUL) spricht mit dem amerikanischen Maschinenbaukonzern Dresser-Rand über eine mögliche Fusion, wie Sulzer bereits am Mittwochabend bestätigt hatte. Die Amerikaner hätten bisher als mögliches Übernahmeziel von Siemens gegolten, betonte ein Börsianer.
Die Aktien von Evotec F:EVT starteten einen neuen Erholungsversuch. Zuletzt legten die Biotechtitel an der TecDax-Spitze um 3,11 Prozent zu, nachdem sie im bisherigen Monatsverlauf in der Spitze um 17 Prozent eingebrochen waren. Evotec will im Skandal um gefälschte Studiendaten rechtlich gegen die mutmaßlichen Verursacher vorgehen und vom israelischen Unternehmen Andromeda offene Forderungen sowie möglichen Schadenersatz wegen der "betrügerischen Aktivitäten" eintreiben. Commerzbank-Analyst Volker Braun geht davon aus, dass sich die Situation für Evotec nur verbessern kann.