FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 22. Mai 2013. Im Maße, wie die Kurse steigen, wächst die Skepsis der Anleger. Die Stimmung der Privaten wie der Profis bewegt sich jetzt auf pessimistischem Terrain. Das bringt den Markt in eine Schieflage und schürt die Gefahr einer Bärenfalle.
Jetzt, nachdem der DAX sein 2007er Hoch so eindeutig überwunden hat, dass alle Zweifler von einem 'korrekten' Ausbruch überzeugt sind, hätte man eigentlich annehmen können, der Bullenmarkt sei endlich akzeptiert worden. Auch einige Berichte in der Finanzpresse ließen darauf schließen, die jüngsten Rekorde hätten die Anleger erreicht. Denn immer, wenn die Kurse an den Aktienbörsen markant steigen, tauchen in schöner Regelmäßigkeit Artikel auf, die einem suggerieren, Aktien seien langfristig die beste und rentabelste Wertanlage. Als weitere Unterstützung dürfte auch die jüngste Studie der Deutschen Bundesbank verstanden worden sein. Die Notenbanker halten europäische Aktien für eher günstig bewertet. Für deutsche Unternehmen gelte ähnliches.
Aber all diese Ermutigungen, sich mit steigenden Aktienkursen anzufreunden, perlen an den von der Börse Frankfurt befragten Anlegern ab, wie Regen an einem Friesennerz. Die Dauer-Skeptiker des Panels machen keinen Hehl aus ihrer Abneigung. Im Gegenteil, sie zeigen keine Scheu, ihr Missfallen an der DAX-Hausse noch zu verstärken. Ihre Reaktion auf das jüngste Rekordhoch fällt erschreckend deutlich aus: Der Pessimismus schwillt auf das höchste Niveau seit Ende September 2012.
Der Bull/Bear-Index notiert zum ersten Mal in diesem Jahr, dafür aber sehr deutlich, unter der 50-Punkte-Marke. In der Einzelbetrachtung wird klar, dass sich die Bias, die seit einiger Zeit unter den Akteuren herrscht, rasant ausgeweitet hat. Denn seit dem raketenhaften Start von seinem Jahrestief Mitte April, ist der DAX praktisch ohne jede Gegenbewegung 1.000 Punkte nach oben gelaufen. Für manche mag sich die Betrachtung des DAX-Chart anfühlen, als ob man an einem Roulette-Tisch stünde, bei dem zum 20. Mal hintereinander Rot gefallen ist. Die Kompromisslosigkeit, mit der sich die Kurse tagtäglich nach oben bewegen, erzeugt Unverständnis und sorgt für fassungslose Gesichter.
Die Furcht, zu Rekordkursen auf den Hausse-Zug aufzuspringen und kurz danach abzustürzen, hat einerseits eine lähmende Wirkung. Andererseits ermutigt diese Konstellation viele Händler, die Gegenposition einzunehmen, was sich in der erhöhten Zahl von Pessimisten ausdrückt; das Lager der Bären ist um 9 Prozent gewachsen. Zusätzlich haben sich 5 Prozent der Optimisten verabschiedet.
Nicht Risikoaversion, sondern Aktienaversion
Die Aussage der Anleger ist klar: Der DAX muss fallen, muss endlich einmal korrigieren. Vergangene Woche hatte sich aber schon abgezeichnet, dass die Privatanleger den Institutionellen folgen wollen. Die Reaktion der Privaten fiel diesmal aber noch stärker aus. Ihr Bull/Bear-Index fiel ebenfalls auf ein neues Jahrestief von 42,1 Punkten. Die neuen Wetten auf eine Korrektur fallen bei dieser Marktgruppe sogar mehr als doppelt so hoch aus als die Gewinnmitnahmen der Bullen.
Weil sie stoisch gegen die erbarmungslose Rallye kämpft, hat sich die Mehrheit der befragten Investoren in eine Sackgasse hineinmanövriert. Damit hat sich die Gefahr einer Short-Squeeze noch einmal drastisch erhöht. Die Schmerzgrenze für Zwangseindeckungen kann nicht mehr allzu weit entfernt sein. Wehe den Bären, wenn sie überschritten wird.
Möchten Sie den Marktstimmung jede Woche an Ihre E-Mail erhalten, dann melden Sie sich an für den Börse Frankfurt Newsletter unter www.boerse-frankfurt.de/newsletter.
© 22. Mai 2013/Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Jetzt, nachdem der DAX sein 2007er Hoch so eindeutig überwunden hat, dass alle Zweifler von einem 'korrekten' Ausbruch überzeugt sind, hätte man eigentlich annehmen können, der Bullenmarkt sei endlich akzeptiert worden. Auch einige Berichte in der Finanzpresse ließen darauf schließen, die jüngsten Rekorde hätten die Anleger erreicht. Denn immer, wenn die Kurse an den Aktienbörsen markant steigen, tauchen in schöner Regelmäßigkeit Artikel auf, die einem suggerieren, Aktien seien langfristig die beste und rentabelste Wertanlage. Als weitere Unterstützung dürfte auch die jüngste Studie der Deutschen Bundesbank verstanden worden sein. Die Notenbanker halten europäische Aktien für eher günstig bewertet. Für deutsche Unternehmen gelte ähnliches.
Aber all diese Ermutigungen, sich mit steigenden Aktienkursen anzufreunden, perlen an den von der Börse Frankfurt befragten Anlegern ab, wie Regen an einem Friesennerz. Die Dauer-Skeptiker des Panels machen keinen Hehl aus ihrer Abneigung. Im Gegenteil, sie zeigen keine Scheu, ihr Missfallen an der DAX-Hausse noch zu verstärken. Ihre Reaktion auf das jüngste Rekordhoch fällt erschreckend deutlich aus: Der Pessimismus schwillt auf das höchste Niveau seit Ende September 2012.
Der Bull/Bear-Index notiert zum ersten Mal in diesem Jahr, dafür aber sehr deutlich, unter der 50-Punkte-Marke. In der Einzelbetrachtung wird klar, dass sich die Bias, die seit einiger Zeit unter den Akteuren herrscht, rasant ausgeweitet hat. Denn seit dem raketenhaften Start von seinem Jahrestief Mitte April, ist der DAX praktisch ohne jede Gegenbewegung 1.000 Punkte nach oben gelaufen. Für manche mag sich die Betrachtung des DAX-Chart anfühlen, als ob man an einem Roulette-Tisch stünde, bei dem zum 20. Mal hintereinander Rot gefallen ist. Die Kompromisslosigkeit, mit der sich die Kurse tagtäglich nach oben bewegen, erzeugt Unverständnis und sorgt für fassungslose Gesichter.
Die Furcht, zu Rekordkursen auf den Hausse-Zug aufzuspringen und kurz danach abzustürzen, hat einerseits eine lähmende Wirkung. Andererseits ermutigt diese Konstellation viele Händler, die Gegenposition einzunehmen, was sich in der erhöhten Zahl von Pessimisten ausdrückt; das Lager der Bären ist um 9 Prozent gewachsen. Zusätzlich haben sich 5 Prozent der Optimisten verabschiedet.
Nicht Risikoaversion, sondern Aktienaversion
Die Aussage der Anleger ist klar: Der DAX muss fallen, muss endlich einmal korrigieren. Vergangene Woche hatte sich aber schon abgezeichnet, dass die Privatanleger den Institutionellen folgen wollen. Die Reaktion der Privaten fiel diesmal aber noch stärker aus. Ihr Bull/Bear-Index fiel ebenfalls auf ein neues Jahrestief von 42,1 Punkten. Die neuen Wetten auf eine Korrektur fallen bei dieser Marktgruppe sogar mehr als doppelt so hoch aus als die Gewinnmitnahmen der Bullen.
Weil sie stoisch gegen die erbarmungslose Rallye kämpft, hat sich die Mehrheit der befragten Investoren in eine Sackgasse hineinmanövriert. Damit hat sich die Gefahr einer Short-Squeeze noch einmal drastisch erhöht. Die Schmerzgrenze für Zwangseindeckungen kann nicht mehr allzu weit entfernt sein. Wehe den Bären, wenn sie überschritten wird.
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© 22. Mai 2013/Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)