Investing.com – Absolut keiner hatte im Herbst noch damit gerechnet, dass die Finanzmärkte ihre schnellste Jahresendrallye seit Jahrzehnten erleben werden. Der S&P 500 war auf sein 5-Monatstief gefallen und die Stimmen derer, die von der lang erwarteten Korrektur auf 3500 Punkte sprachen, wurden immer lauter.
Goldman Sachs (NYSE:GS) prophezeit für 2024 zwar weitere goldene Zeiten, weil es keine Anzeichen dafür gibt, dass es anders kommt, aber genau diese Selbstgefälligkeit könnte den Anlegern auf die Füße fallen.
Das Kursfeuerwerk beruhte nicht zuletzt auf dem völlig unerwarteten Kurswechsel der Fed, und die größte Gefahr für das kommende Jahr ist, dass sie sich bei ihrer Einschätzung der Inflation wie bereits 2020 und 2021 täuscht. Schon jetzt sind die Finanzierungsbedingungen so locker wie Mai 2022 nicht mehr, und erneut hat keiner auf dem Schirm, dass die Inflation mit voller Wucht zurückkommen kann.
Für den Fed-Vorsitzenden Powell wird der Jahreswechsel deshalb eine besondere Herausforderung mit sich bringen. Die Zinsprognosen des Marktes entfernen sich immer weiter von denen der Zentralbank. Der Abstand der für 2024 erwarteten Zinserhöhungen ist von zwei im November (FOMC 2, Markt 4) auf drei (FOMC 3, Markt 6) gestiegen.
Sollte die Inflation nun erneut steigen und die Fed muss zurückrudern, dann hätte sie ihr letztes Fünkchen Glaubwürdigkeit endgültig verspielt und die "Mag7-Blase würde innerhalb von Nanosekunden pulverisiert" werden.
Der BofA-Analyst Benjamin Bowler führt an, dass die Volatilität den kurzfristigen Zinssätzen mit einer Verzögerung von zwei Jahren folgt. Angesichts dessen ist 2024 mit einem Anstieg der Volatilität zu rechnen, der erst 2026 seinen Höhepunkt erreicht. Die Rezession, von der man glaubt, sie sei ein Hirngespinst, ist noch lange nicht vom Tisch. Bowler schreibt:
"Der Anleihemarkt hat wiederholt versucht, für die USA eine Rezession vorauszusagen, aber die Fed und die Wirtschaftsdaten haben ihn immer wieder gezwungen, diese Prognosen zurückzunehmen. Es besteht die Gefahr, dass eine Rezession eintritt, wenn die Anleger nicht mehr daran glauben. Die Daten aus fast 100 Jahren deuten in diesem Fall auf Abwärtsrisiken für Aktien hin, denn Rezessionen waren in der Vergangenheit immer schmerzhaft für Aktien und wurden so gut wie nie im Voraus eingepreist."
Das würde die Mag7 am härtesten treffen, denn auch sie sind geschichtlich bedingt am anfälligsten für Verschiebungen der Marktstimmung, wie Bowler ausführt:
"Die Historie zeigt, dass die anfängliche euphorische Reaktion oft fehlgeleitet ist und zu Blasen führt, die sich schließlich auflösen, indem sie erst platzen und dann Gewinner aus der Asche aufsteigen. Die Nifty-50-Blase in den 70er-Jahren lehrte uns, was es bedeutet, zu glauben, dass Bewertungen keine Rolle spielen. Das Gerede, die Magnificent 7 seien das "neue Gold", erscheint genau diesem Glauben zu erliegen, und es besteht das Risiko, dass sich die Geschichte wiederholt."
An der Rohstofffront tut sich auch so einiges. Der Nahe Osten bleibt ein Pulverfass und jeder fragt sich, wie es sein kann, dass die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen die Schiffspassagen im Roten Meer terrorisieren und keiner der Anrainer eingreift.
Der Analyst für Geopolitik, Tom Luongo, geht davon aus, dass die Angriffe der Houthi mittlerweile auch im Interesse des Kremls, Pekings und Saudi-Arabiens sind. Denn wenn nur die Hälfte der Schiffe, die normalerweise das Rote Meer durchqueren, die Route über Südafrika nehmen, steigt durch den zusätzlich verbrauchten Treibstoff die Nachfrage nach Rohöl um rund 500.000 Barrel pro Tag.
Das hilft nicht nur den Saudis, die für ihren Haushalt einen Ölpreis von 80 Dollar benötigen, sondern hält auch den Inflationsdruck in den USA hoch, schwächt die europäische Wettbewerbsfähigkeit und zwingt die EZB den Euro zu verteidigen, damit die Energiekosten nicht explodieren.
Luongo gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Houthis nicht wahllos Schiffe angreifen. Es sind ausnahmslos Schiffe der geopolitischen Gegner, während chinesische Frachter und Russlands Öltanker unbehelligt passieren.
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