Von Geoffrey Smith
Investing.com -- Adidas-Aktien (OTC:ADDYY) sind am Freitag auf den niedrigsten Stand seit mehr als sechs Jahren gefallen. Als Reaktion auf die andauernden Probleme in China und die deutliche Konjunkturabschwächung in den Industrieländern in den letzten sechs Wochen senkte der deutsche Sportartikelriese gestern Abend erneut seine Gewinnprognosen.
Nachdem die Lagerbestände im letzten Quartal um stolze 63 % gestiegen waren, rechnet Adidas (ETR:ADSGN) in diesem Jahr nur noch mit einem Nettogewinn aus dem laufenden Geschäft in Höhe von 500 Millionen Euro, statt der zuvor geschätzten 1,3 Milliarden Euro. Für die nächsten Monate sind daher hohe Preisnachlässe zu erwarten, um überschüssige Lagerbestände abzubauen.
Die Warnung fügt sich in ein miserables Jahr für ein Unternehmen ein, dessen Geschäft wieder zum Mittelmaß zurückkehrt, nachdem es anfangs noch von der Pandemie profitiert hatte und sich an den hohen Ausgaben für Freizeit- und Sportkleidung erfreuen konnte. Verschlimmert wurden die Probleme des Unternehmens durch Lieferkettenprobleme in Asien aufgrund von COVID-19, ein politisiertes Handelsumfeld in China und unter anderem durch den öffentlichen Streit mit Kanye West über die beliebte Yeezy-Schuhserie.
Infolgedessen rechnet das Unternehmen nun nur noch mit einem Umsatzwachstum von ca. 5 % gegenüber einem Anstieg im "mittleren bis hohen einstelligen Bereich". Gleichzeitig dürfte die operative Bruttomarge aufgrund des Lagerabbaus von zuvor 49 % auf 47,5 % und die operative Marge von zuvor geschätzten 7 % auf nur noch 4 % sinken.
Die neuen Prognosen implizieren Gewinnspannen für das vierte Quartal, die deutlich unter dem bisherigen Konsens liegen, schreiben die Analysten von Morgan Stanley. Der Konzern braucht daher unbedingt einen Impuls von der bevorstehenden Fußballweltmeisterschaft in Katar, die Ende November beginnt.
Adidas, dessen Vorstandsvorsitzender Kasper Rorsted bereits seinen Rücktritt angekündigt hat, erklärte, man habe "eine weitere Verschlechterung der Trends in Bezug auf das Kundenaufkommen in China" festgestellt, was wiederum auf die schwierigen Beziehungen zu Lieferanten in Xinjiang, der westlichen Provinz Chinas, zurückgeht, in der ein UN-Bericht umfassende Menschenrechtsverletzungen an der ethnischen Gemeinschaft der Uiguren festgestellt hat. Als Adidas sich von diesen Zulieferern distanzierte, provozierte es auf seinem mittlerweile zweitgrößten Markt eine nationalistische Gegenreaktion und verlor Kunden an lokale Konkurrenten.
Nach Angaben von Adidas wurden "mehrere Initiativen eingeleitet, die darauf abzielen, die erheblichen Kostensteigerungen, die sich aus dem Inflationsdruck in der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens sowie aus ungünstigen Währungsschwankungen ergeben, abzufedern". Weitere Details wurden nicht genannt.
Diese Initiativen kosten das Unternehmen im vierten Quartal dieses Jahres zwar 50 Millionen Euro, sollen aber im nächsten Jahr die Rentabilität um 200 Millionen Euro steigern.
Der neue Ausblick spiegelt auch mehrere Sonderkosten wider, die sich sowohl im dritten als auch im vierten Quartal des Jahres auf die Ergebnisse des Unternehmens auswirken.
Investoren seien beunruhigt über die Geschwindigkeit, mit der sich die früheren Prognosen von Adidas "unter der Beobachtung eines gestressten Verbrauchers zerschlagen haben", so die Analysten von Jefferies in einer Kundenmitteilung. Nun sei eine rasche Lösung der Führungsfrage erforderlich, damit sich die Anleger wieder auf die grundlegenden Vorzüge des Unternehmens konzentrieren können, fügten die Experten hinzu.
Die Prognosesenkung zog zahlreiche Analystenherabstufungen nach sich. Stifel senkte sein Kursziel auf 114,80 Euro von zuvor 130 Euro, während Evercore ISI die Aktie auf "in line" von "outperform" mit einem Kursziel von 110 Euro zurückstufte.