PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas wichtigste Aktienmärkte haben am Freitag weiter zugelegt. Die Gewinnmitnahmen bei US-Technologiewerten wirkten sich lediglich auf die entsprechenden europäischen Titel aus, die schwächelten. Daneben besannen sich Marktteilnehmer auf positive Aspekte. "Da gibt es die nachlassende Inflation, die Zinssenkungshoffnungen und anziehenden Exporte Chinas", zählte Marktexperte Andreas Lipkow auf. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 stieg am späten Vormittag um 0,39 Prozent auf 4.995,50 Punkte. Der französische Cac 40 kletterte um 0,58 Prozent auf 7.671,43 Zähler, während der britische FTSE 100 um 0,17 Prozent auf 8.237,48 Punkte anzog.
Die Verluste der US-Technologiewerte sollten nach Ansicht von Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets (LON:CMCX) nicht über die eigentlich positive Entwicklung in Übersee hinwegtäuschen. "Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung der US-Notenbank im September ist nach den überraschend schwachen Inflationsdaten von 70 auf 86 Prozent gestiegen", betonte Stanzel. "Anleger reagierten darauf mit einer Rotation raus aus den hoch bewerteten Technologieaktien und rein in klein- und mittelgroße Unternehmen, die in besonderem Maße von fallenden Zinsen profitieren könnten." Wenn die US-Notenbank an der Zinsschraube drehe, bekomme zudem die Europäische Zentralbank den nötigen Spielraum, schneller zu handeln.
Stärkster Sektor waren die Ölwerte (NYSE:XLE). Sie profitierten von den weiter gestiegenen Ölpreisen. "Auf kurze Sicht könnte die Nachfrage mit der beginnenden Sommerreisesaison weiter zulegen", merkte Anlagestratege Ulrich Stephan von der Deutschen Bank (ETR:DBKGn) an. Mit einem dauerhaften Preisauftrieb rechnet er jedoch nicht. "Die Internationale Energieagentur erwartet einen zähen Nachfragezuwachs in China sowohl für 2024 als auch für 2025", so Stephan.
Telekomwerte profitierten von den Gewinnen der Aktien von Ericsson (ST:ERICa) . Nach neuen Quartalszahlen zog der Titel zuletzt um 6,4 Prozent an. Die Analysten von JPMorgan (NYSE:JPM) sprachen von besser als erwartet ausgefallenen Quartalszahlen. Sowohl Umsatz als auch Ergebnis des Netzwerkausrüsters hätten über den Schätzungen gelegen.
Ansonsten schwächelten defensive Sektoren wie Versorger (NYSE:XLU) und Nahrungsmittel aber. Ausnahme waren Enel (BIT:ENEI) , die gegen den Trend anzogen. Das Analysehaus Jefferies hatte den Wert von "Hold" auf "Buy" hochgestuft und das Kursziel von 6,50 auf 8,00 Euro angehoben. Die anstehenden Halbjahreszahlen dürften stark ausfallen. Der deutliche Bewertungsabschlag des Versorgers zur Branche sei nicht gerechtfertigt.
Dagegen entwickelten sich Diageo (LON:DGE) mit einem Minus von 1,5 Prozent branchenkonform. Die US-Investmentbank Goldman Sachs (NYSE:GS) hatte die Aktie des Anbieters alkoholischer Getränke von "Neutral" auf "Sell" abgestuft und das Kursziel von 3150 auf 2450 Pence gesenkt. Die Aussichten der europäischen Getränkehersteller auf dem wichtigen US-Markt seien verhalten, was bis ins kommende Jahr hinein Bestand haben könnte, schrieb Analyst Olivier Nicolai.