FRANKFURT (dpa-AFX) - Das Gezerre um Griechenland, ein erneuter Ausverkauf am Anleihemarkt und der wieder deutlich gestiegene Eurokurs haben am Donnerstag dem deutschen Aktienmarkt zugesetzt. Im recht ruhigen Feiertagshandel büßte der Dax (DAX) bis zur Mittagszeit 1,50 Prozent auf 11 248,41 Punkte ein. Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Werte fiel um 1,55 Prozent auf 20 120,50 Punkte. Der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) sank um 1,30 Prozent auf 1681,50 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) verlor 1,63 Prozent.
Mit Blick auf das pleitebedrohte Griechenland dreht sich weiter alles um die Frage, ob Athen und die geldgebenden Euroländer noch rechtzeitig einen Kompromiss finden. Am Freitag ist eine Zahlung Griechenlands an den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 305 Millionen Euro fällig. Im laufenden Monat stehen Zahlungen an den Weltwährungsfonds von insgesamt knapp 1,6 Milliarden Euro an.
EUROKURS SEHR FEST - AUSVERKAUF AM ANLEIHEMARKT
Der Kurs des Euro (FX1:EURUS), der bereits am Vortag angezogen hatte, profitierte weiter von Aussagen des europäischen Notenbankchefs Mario Draghi über die Wirtschaftsentwicklung im Euroraum. Hinzu kamen die Hoffnung auf eine anstehende Einigung mit Athen und die Entwicklung am Anleihenmarkt. Das trieb die Gemeinschaftswährung, die Ende Mai noch bei knapp über 1,08 US-Dollar gehandelt worden war, nun wieder dicht an die Marke von 1,14 Dollar. Ein starker Euro belastet die exportorientierten Unternehmen, da sie ihre Waren außerhalb der Eurozone nicht mehr so günstig absetzen können. Zudem halten sich bei steigenden Eurokursen die zahlreichen ausländischen Anleger am deutschen Aktienmarkt mit Engagements zurück.
Kämen zum steigenden Euro außerdem noch steigende Renditen am Anleihenmarkt, würden Aktien für Investoren zusätzlich unattraktiver, hieß es am Markt unter Verweis auf die nun bereits zweite Verkaufswelle am Markt für Staatsanleihen innerhalb kürzester Zeit. In Deutschland näherte sich der Zins für zehnjährige Bundesanleihen der Marke von 1 Prozent. Erst Mitte April war er auf ein Rekordtief von 0,05 Prozent gefallen.
SPEKULATIONEN BEWEGEN T-AKTIE UND BASF
Unter den Einzelwerten im Dax waren die Papiere der Deutschen Telekom (XETRA:DTEGn) mit einem Aufschlag von 1,42 Prozent der einzige Wert im Plus. Nach Monaten der Ruhe gibt es wieder neue Spekulationen über die Zukunft der Telekom-Tochter T-Mobile US (NYSE:TMUS): Jetzt soll erneut der amerikanische Satellitenfernsehanbieter Dish interessiert sein, wie das "Wall Street Journal" berichtete.
Die Anteilsscheine von BASF (ETR:BAS) sanken um 1,71 Prozent. Spekulationen waren auch hier der Grund für die Kursbewegung: Angeblich sind die Ludigshafener am Schweizer Agrochemie-Wettbewerber Syngenta (VTX:SYNN) interessiert. Zuvor war aus Kreisen bekannt geworden, dass Syngenta unter bestimmten Bedingungen bereit sei, mit dem US-Konkurrenten Monsanto (NYSE:MON) (ETR:MOO) über eine Übernahme zu verhandeln. "Ein möglicherweise entbrennender Kampf mit Monsanto um die Übernahme von Syngenta wäre nicht gut für BASF - selbst wenn sich der deutsche Chemieriese diesen ein Stück weit leisten könnte", sagte ein Händler. Zudem stelle sich für ihn die Frage möglicher kartellrechtlicher Probleme.
RWE UND EON WEGEN ATOMSTEUER-URTEIL IM FOKUS
Die Aktien von RWE (XETRA:RWEG) büßten als Dax-Schlusslicht 2,31 Prozent ein und die von Eon (ETR:EOAN) sanken um 1,29 Prozent. Laut dem Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist die milliardenschwere Atomsteuer für die deutschen Energiekonzerne mit EU-Recht vereinbar. Das könnte zwar die beiden Versorger teuer zu stehen kommen, doch sein ein solches Urteil längst erwartet worden, hieß es unisono am Markt.
Im Blick standen außerdem noch die Aktien des Mode-Versandhändlers Zalando (XETRA:ZALG), die an der SDax-Spitze um 0,96 Prozent zulegten. Sie werden zum 22. Juni in den MDax aufgenommen, wie die Deutsche Börse am Vorabend nach Börsenschluss bekannt gab. Der Ingenieur-Dienstleister Bertrandt (XETRA:BDTG) muss dafür wieder zurück in den Index der kleineren Börsenwerte. Dessen Aktien gaben um 1,30 Prozent nach. Auch weitere Unternehmen sind von Änderungen betroffen.