FRANKFURT (dpa-AFX) - Vor der US-Notenbanksitzung und dem Brexit-Referendum bekommen Aktienbesitzer zunehmend kalte Füße. Das belastete am Freitag auch den Dax (DAX): Er sackte erstmals seit zweieinhalb Wochen unter die viel beachtete Marke von 10 000 Punkten. Mit einem Minus von 2,13 Prozent auf 9873,70 Punkte knüpfte der deutsche Leitindex an seine zuletzt schwache Entwicklung an. Die Gewinne vom Wochenauftakt sind dahin: Auf Wochensicht steht der Dax über 2 Prozent im Minus.
Vor den anstehenden wichtigen Entscheidungen verkauften die Anleger Aktien, um die Risiken in ihren Depots zu reduzieren, sagte Portfoliomanager Stefan de Schutter von Alpha Wertpapierhandel. Analyst Mike van Dulken vom Handelshaus Accendi sprach von einem wenig schmackhaften Cocktail für die Investoren.
Die Unsicherheit lastete am Freitag auch auf den anderen Indizes: Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Unternehmen fiel am Freitagvormittag um 1,85 Prozent auf 20 289,58 Punkte zurück und der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) sank um 1,70 Prozent auf 1650,77 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) ging es um 2,10 Prozent auf 2926,36 Punkte nach unten.
WARTEN AUF FED-SITZUNG UND MÖGLICHEN BREXIT
Wie die meisten Beobachter geht auch die BayernLB davon aus, dass die US-Notenbank Fed bei ihrer Sitzung in der kommenden Woche die Zinsen noch nicht anheben wird. "Neben der Unsicherheit über den Ausgang des Brexit-Referendums sprechen vor allem die enttäuschenden Mai-Arbeitsmarktdaten gegen einen Zinsschritt", heißt es in einer aktuellen Studie. Die Abstimmung über den Verbleib Großbritanniens in der EU steht eine Woche später auf der Agenda.
Einer Fortsetzung der im Dezember eingeleiteten US-Zinswende im September sollte der BayernLB zufolge aber nichts entgegenstehen. Für andere Experten ist sogar eine weitere geldpolitische Straffung bereits im Juli noch nicht vom Tisch. Höhere Zinsen sprechen zwar für eine optimistische Konjunktureinschätzung der Fed, schmälern aber die Attraktivität von Aktien gegenüber festverzinslichen Wertanlagen wie etwa Anleihen.
LUFTHANSA WEITER AUF SINKFLUG: FINANZCHEFIN GEHT
Im Dax gab es vor dem Wochenende nur Verlierer. Am Indexende sackten die Aktien der Lufthansa (XETRA:LHAG) nach neuen Negativ-Schlagzeilen um weitere 4,96 Prozent ab: Finanzchefin Simone Menne geht. Die 55 Jahre alte Managerin hat um die vorzeitige Beendigung ihres Vertrages zum 31. August gebeten, wie die Lufthansa am Donnerstagabend mitteilte. Mennes überraschender Abgang bringe Unsicherheit und drücke auf die Stimmung, wie ein Händler sagte. Am Vortag hatte die Fluggesellschaft mit sehr schwachen Verkehrszahlen für den Mai enttäuscht.
Für die Fraport-Titel (XETRA:FRAG) ging es im MDax um 3,14 Prozent bergab. Der Flughafenbetreiber litt im Mai unter einem deutlichen Rückgang der Passagierzahlen am wichtigen Frankfurter Flughafen. Verantwortlich dafür waren Krisen in wichtigen Urlaubsregionen und schwere Unwetter. Die Resultate sollten nach den sehr schwachen Lufthansa-Verkehrszahlen zwar nicht mehr überraschen, kommentierte ein Händler. Doch da die Fraport-Titel darauf nicht reagiert hätten, stünden sie nun unter Druck.
BANKEN BLEIBEN UNTER DRUCK
Auch die Bankenaktien setzten ihre Talfahrt fort: Im Leitindex gehörten Deutsche Bank (XETRA:DBKGn) und Commerzbank (XETRA:CBKG) mit Abschlägen von jeweils mehr als 3 Prozent zu den größten Verlierern. Das weiter und wohl nachhaltig niedrige Zinsniveau und die Brexit-Gefahr drückten anhaltend auf die Finanztitel, sagte ein Händler. Beides sei vor allem für die Banken belastend.
Die Aktien der Aareal Bank (XETRA:ARLG) verloren im MDax 3,50 Prozent. Hier belastete eine gestrichene Kaufempfehlung des Bankhauses Lampe. Nach dem Höhenflug seit Februar traut Analyst Neil Smith den Titeln des Immobilienfinanzierers zunächst keine weiteren Gewinne zu.