FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Aussicht auf weiteres Billiggeld der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den deutschen Aktienmarkt am Donnerstag nur kurz deutlicher ins Plus geschoben. Der Leitindex Dax (DAX) büßte seine zwischenzeitlichen Gewinne ein und lag am frühen Nachmittag minimal im Minus bei 12 512,01 Punkten.
Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Werte fiel um 0,11 Prozent auf 26 261,18 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) zog noch um knapp 1 Prozent an.
Die EZB öffnet angesichts düsterer Wirtschaftsaussichten und schwacher Inflation die Tür für eine weitere Lockerung der Geldpolitik, um die Konjunktur zu stützen. Europas Währungshüter gehen davon aus, dass die Zinsen mindestens über die erste Hälfte des Jahres 2020 auf ihrem aktuellen Niveau oder "darunter" bleiben werden, wie die Notenbank im Anschluss an eine Ratssitzung mitteilte. Diese Entscheidungen der EZB kamen für die Anleger nicht vollkommen überraschend, so dass die erste Euphorie an den Märkten schnell abebbte.
Zugleich bekräftigte die Notenbank, ihre Bereitschaft, alle Instrumente einzusetzen, sollte sich der Inflationsausblick weiter verschlechtern. Dabei sollten auch Optionen für neue Anleihekäufe geprüft werden. Aktuell sei eine Normalisierung der europäischen Geldpolitik in naher Zukunft absolut unwahrscheinlich, schrieb Marktanalyst Neil Wilson vom Handelshaus Markets.com.
Die Aussicht auf den Aufkauf weiterer Anleihen durch die Europäische Zentralbank trieb die Kurse europäischer Banken (Stoxx 600 Banks) an. Hierzulande gewannen Papiere der Deutsche Bank (4:DBKGn) an der Dax-Spitze gut 4 Prozent und die der Commerzbank (4:CBKG) fast 4 Prozent.
Noch immer halten Europas Banken in großem Umfang Staatsanleihen in ihren Portfolios, allen voran italienische Geldhäuser wie Unicredit (MI:CRDI) (IT0004781412) und Intesa Sanpaolo (6:ISP). Deren Kurse legten in Mailand ebenfalls zu. Mit neuen Anleihekäufen durch die Euro-Notenbank dürften die Risikoaufschläge auf diese Staatspapiere niedrig bleiben, sagte ein Händler. Damit würden die bilanziellen Risiken zumindest an dieser Stelle nicht wieder zunehmen.
Daneben richtete sich das Interesse auf die Quartalsberichte der Unternehmen. Am Vorabend hatte bereits die Deutsche Börse (4:DB1Gn) ihr Zahlenwerk veröffentlicht. Bei dem Unternehmen laufen die Geschäfte weiter rund. Im zweiten Quartal profitierte der Börsenbetreiber einmal mehr von dem hohen Absicherungsbedarf vieler Investoren. Damit stiegen die Aktien im Dax um gut 2 Prozent.
Im MDax stiegen die Anteilsscheine von Kion (4:KGX) um knapp 5 Prozent. Der Gabelstapler-Hersteller hatte nach einem überraschend guten zweiten Quartal - anders als der Konkurrent Jungheinrich (4:JUNG_p) - die Prognose bestätigt.
Klarer Favorit im Nebenwertindex SDax (SDAX) waren die Aktien von Aixtron (4:AIXGn) mit einem Plus von rund 15 Prozent. Der Spezialanlagenbauer hatte das abgelaufenen Quartal deutlich besser als gedacht beendet und ist nun mit Blick auf die Profitabilität optimistischer als zuvor.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,41 Prozent am Vortag auf ein Rekordtief von minus 0,43 Prozent. Der Rentenindex Rex (DE0008469107) stieg um 0,50 Prozent auf 145,39 Punkte. Der Bund-Future (DE0009652644) rückte um 0,35 Prozent auf 174,80 Punkte vor.
Der Euro notierte zuletzt bei 1,1150 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,1140 Dollar festgesetzt.