Der kommende Börsencrash ist doch längst in den Aktienkursen eingepreist. Oder etwa doch nicht?
Klar zu sehen ist bisher nur, dass die Kurse vieler prominenter Aktien in den letzten Wochen ungewöhnlich stark gefallen sind. Auch hochqualitative Tech-Aktien (NYSE:XLK) bekommen zunehmend Schlagseite.
Der US-Tech-Index Nasdaq 100 hat sich bereits über 20 % von seinem Allzeithoch entfernt (Stand für diese Zahl und alle weiteren Zahlen: 27.04.2022). Das ist klar Börsencrash-Territorium.
Aber schlimmer geht bekanntlich immer. Und es sieht tatsächlich so aus, als hätte die Börsencrash-Party gerade erst angefangen. Ich erwarte in den kommenden Monaten sogar nichts weniger als einen brutalen Börsen-Tsunami. Denn der wichtigste Marktteilnehmer stellt sich ausnahmsweise richtig quer.
Noch sehen die Käufer keine Alternative zu Aktien Wer macht eigentlich die Aktienkurse? Es sind natürlich die Käufer und die Verkäufer.
Optimal für steigende Aktienkurse sind Käufer mit vollen Taschen. Gerne solche, die in anderen Anlageklassen keine Alternative zu Aktien sehen.
Das könnte sich bald ändern. Denn die US-Notenbank plant eine schockartige Reduzierung ihrer Bilanz. Und könnte auf diesem Weg den brutalsten Börsencrash seit 2008 auslösen.
Seinerzeit stagnierte die Bilanzsumme der US-Notenbank bei zierlichen 800 Mrd. US-Dollar. Nach der geplatzten US-Immobilienblase explodierte die Bilanz innerhalb weniger Monate auf über 2.000 Mrd. US-Dollar. Mittlerweile stehen wir bei fast 9.000 Mrd. US-Dollar.
… doch eine Alternative ist bereits in Arbeit Auf diese Entwicklung scheint die US-Notenbank nicht besonders stolz zu sein. Bereits im Jahr 2018 versuchte man sich an einer Reduzierung der Bilanz. Nach ein paar Hundert Mrd. US-Dollar gab man auf. Im Zuge der Coronakrise brachen dann wieder alle Dämme.
An den Kapitalmärkten hat man sich längst an die unendliche Bilanz gewöhnt. Die Anleihenkurse stiegen jahrelang wie an der Schnur gezogen. Die US-Notenbank kaufte alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war.
Im Zuge der immer weiter sinkenden Anleihenzinsen schauten sich Investoren vermehrt auf dem Aktienmarkt um. Somit stiegen auch hier die Kurse.
Nun hat sich die US-Notenbank grob auf eine zügige Reduzierung von 95 Mrd. US-Dollar je Monat geeinigt. Und damit ist der Börsencrash so gut wie gebucht.
Ein Börsencrash hat schon einige Millionäre hervorgebracht Wenn die Anleihenkurse fallen, steigen die Zinsen. Und plötzlich ist sie da, die gefürchtete Alternative zum Aktienmarkt. Nicht jeder Investor wird das sofort erkennen. Denn noch ist der Autopilot auf Kaufen eingestellt.
Doch wenn Monat für Monat rund 100 Mrd. US-Dollar aus der Bilanz fliegen, kann das nicht ohne Folgen bleiben. Ein Börsencrash wäre das Mindeste. Ich erwarte hingegen einen handfesten Börsen-Tsunami.
Für Investoren erfordert die kommende Phase der Reduzierung ein Umdenken. Der Autopilot hat ausgedient. Ab jetzt muss man sich fragen, welche Aktien konkret von den neuen Bedingungen profitieren könnten.
Ganz ehrlich: Das wird nicht die Zeit der marktbreiten Index-Investoren sein. Jetzt sind wieder schlaue Köpfe mit strategischem Geschick gefragt.
Ein Börsencrash hat schon so manchen Millionär hervorgebracht. Vielleicht sehen wir nach dem kommenden Börsen-Tsunami sogar einige frischgebackene Milliardäre.
Motley Fool Deutschland 2022