Frankfurt (Reuters) - Die Einigung der EU-Staaten auf ein billionenschweres Finanzpaket im Kampf gegen die Corona-Krise sorgt an Europas Börsen für Feierlaune.
Gefragt waren nicht nur Aktien, sondern auch die Staatsanleihen von Italien, Spanien, Griechenland und Portugal. Die südeuropäischen Länder werden den größten Anteil der Finanzhilfen erhalten, auf das sich die EU-Mitglieder nach einem zähen Verhandlungs-Marathon am Dienstagmorgen geeinigt haben. “Der Weg dahin war zwar äußert holprig, aber die historisch einmaligen Hilfen dürften nun nicht nur die Konjunkturerholung vorantreiben, sondern auch das Vertrauen der Menschen in die EU-Institutionen stärken”, sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader.
Der Dax legte im Handelsverlauf bis zu zwei Prozent auf 13.313 Punkte zu, nachdem er erst zum Wochenanfang die 13.000er Marke übersprungen hatte. Der EuroStoxx50 notierte 1,8 Prozent höher bei 3.448 Zählern. “Sie wussten, sie mussten liefern, und sie haben geliefert”, kommentierte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt den Kompromiss der EU-Staats- und Regierungschefs auf einen Wiederaufbaufonds und den mehrjährigen Haushaltsrahmen der Europäischen Union. Das größte Finanzpaket in der EU-Geschichte soll durch einen neuen Aufbaufonds mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro besonders von der Corona-Krise betroffenen EU-Staaten wieder auf die Beine helfen. 390 Milliarden Euro werden davon als Zuschüsse gezahlt.
RÜCKENWIND FÜR EURO
Der Durchbruch auf dem EU-Gipfel sorgte auch für Rückenwind beim Euro, der mit 1,1470 Dollar zeitweise auf den höchsten Stand seit Anfang März kletterte. Im Handelsverlauf büßte der Euro die Gewinne allerdings wieder ein. Zum einen sei die Einigung bereits erwartet worden, zum anderen sei es zu Gewinnmitnahmen gekommen, erläuterte Analystin Reichelt. Weitere Impulse seien für den Euro erst einmal nicht zu erwarten. “Von nun an bestimmt vor allem die realwirtschaftliche Erholung und die Entwicklung der Infektionszahlen, wie es für den Euro weitergeht.”
Für postive Stimmung am Markt sorgte auch die Aussicht, dass bereits in diesem Jahr ein Impfstoff gegen den neuen Coronavirus verfügbar sein könnte. Die Hoffnung wurde durch positive Testergebnisse bei drei möglichen Impfstoffkandidaten geschürt, darunter ein möglicher Covid-19-Impfstoff der Universität Oxford und des Pharmakonzerns AstraZeneca.
Auch die Öl-Preise legten zu. Ein Barrel der Sorte Brent aus der Nordsee zog zeitweise 2,7 Prozent auf 44,45 Dollar an. US-Leichtöl WTI notierte mit 41,75 Dollar je Barrel ebenfalls auf einem Niveau, das zuletzt Anfang März erreicht worden war.
BAYER IM PLUS
Bei den Einzelwerten im Dax konnte Bayer (DE:BAYGN) zeitweise bis zu 2,1 Prozent zulegen. Zwar verlor der Pharma- und Chemiekonzern das erste Berufungsverfahren in den USA um den angeblich krebserregenden Unkrautvernichter Glyphosat. Allerdings reduzierte das Gericht in Kalifornien den Schadenersatz im sogenannten Johnson-Fall um fast drei Viertel auf 20,5 Millionen Dollar. Von der allgemein guten Stimmung am Markt profitierte zudem die Autobranche. Aktien von BMW (DE:BMWG) sowie Zulieferer Continental (DE:CONG) zogen mehr als vier Prozent an. Daimler (DE:DAIGn) und VW (DE:VOWG) fuhren einen Kursgewinn von rund 2,5 Prozent ein.