FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 20. Juni. Solange die Notenbanken ihre Niedrigzinspolitik verfolgen, bleibt der Börsenparty der abhängig machende Schnaps erhalten. Das wird sich vorerst auch nicht weiter ändern. Dennoch wird sich der Börsenhandel über die Sommermonate beruhigen und die Party vorübergehend in den 'Slowfox'-Modus umschalten.
Der jüngste Kursrutsch des Nikkei hat die Bullen aus ihren Träumen gerissen. Immerhin hat die japanische Aktienbörse seit ihrem Jahreshoch in der Spitze gut 20 Prozent verloren. Angesichts des raketenhaften Anstiegs seit November letzten Jahres um zeitweilig rund 80 Prozent relativieren sich allerdings die jüngsten Verluste. Es ist wichtig, dass die schwindende geldpolitische Fantasie durch eine Verbesserung der Wachstumsperspektiven ausgeglichen wird. Insofern kommt es darauf an, dass sich der Trend zu mehrheitlich negativen Konjunkturüberraschungen auch tatsächlich bald umkehrt.
Nach Kostolany befinden sich Aktienpapiere mehrheitlich in zittrigen Händen, wenn gute Nachrichten ignoriert und schlechte Konjunkturmeldungen umgehend zu Kursverlusten führen. Der deutsche Leitindex DAX verzeichnete in der vergangenen Handelswoche sichtbare Kursverluste, die das Kursbarometer zeitweise sogar unter die Marke von 8.000 drückten. Dabei überraschte Europa mit guter Industrieproduktion und die USA mit robusten Einzelhandelsumsätzen. Diese wurden jedoch weitgehend ignoriert, was zumindest die Kursverluste am deutschen Rentenmarkt begrenzte. Die Fed ist nicht der Verursacher, sondern lediglich der Auslöser der weltweiten Börsenkorrektur. Die Ursache ist vor allem die Wachstumsunsicherheit in den Schwellenländern. Die jüngsten Daten enttäuschten in der Breite und belegen, dass die Aussichten noch vergleichsweise verhalten sind. Wenn sich demgegenüber die Perspektiven für die USA und Europa so günstig darstellen, dass die Fed und EZB von ihrer Extrempolitik Abschied nehmen können, ist es nur konsequent, dass Anleger ihre Gelder aus den Schwellenländern abziehen. Somit ließe sich die Stärke von Dollar und Euro fundamental begründen. Diese ist allerdings nur dann gerechtfertigt, sofern die sich abzeichnende Wachstumsrotation zwischen den Schwellen- und Industrieländern glückt.
Sind es tatsächlich noch die Schwellenländer, von denen die maßgeblichen Wachstumsimpulse ausgehen? Oder sind nun die USA wieder stark genug, um den Platz der globalen Wachstumslokomotive einzunehmen? Falls ja, so dürfte eine restriktiver werdende Fed kein Problem darstellen. Ist die US-Konjunktur aber dafür nicht stark genug, dann drohen bei Risikoassets weitere Kursverluste. Das Zittern ist wohl noch nicht vorbei.
Trend
Die Börsen hängen völlig abhängig am Tropf der Notenbanken. Bereits die vage Möglichkeit einer Reduzierung der Unterstützung lässt die Börsen erzittern. Es ist eben keine Hausse, wie wir sie kennen, sondern eine aus der Krise heraus entstandene künstlich herbeigeführte Börsenparty, zu der die Wirtschaft noch nicht eingeladen ist. Sie hechelt deutlich hinterher. Ohne substantielles Wachstum werden die Partygänger in nicht allzu ferner Zukunft einen mächtigen Kater bekommen. Noch läuft aber die Party und der Champagner fließt in Strömen, dank der Notenbanken. Die Fed wird ihre Politik vorerst nicht ändern. Doch durch die Sommerpause erwarte ich dennoch wenig neue Impulse für die nächsten Monate. Deshalb wird es zu einer volatilen Seitwärtsbewegung kommen, in der die 8000 Punkte im DAX auf Dauer möglichst verteidigt werden sollten.
© 20. Juni 2013/Oliver Roth
* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Der jüngste Kursrutsch des Nikkei hat die Bullen aus ihren Träumen gerissen. Immerhin hat die japanische Aktienbörse seit ihrem Jahreshoch in der Spitze gut 20 Prozent verloren. Angesichts des raketenhaften Anstiegs seit November letzten Jahres um zeitweilig rund 80 Prozent relativieren sich allerdings die jüngsten Verluste. Es ist wichtig, dass die schwindende geldpolitische Fantasie durch eine Verbesserung der Wachstumsperspektiven ausgeglichen wird. Insofern kommt es darauf an, dass sich der Trend zu mehrheitlich negativen Konjunkturüberraschungen auch tatsächlich bald umkehrt.
Nach Kostolany befinden sich Aktienpapiere mehrheitlich in zittrigen Händen, wenn gute Nachrichten ignoriert und schlechte Konjunkturmeldungen umgehend zu Kursverlusten führen. Der deutsche Leitindex DAX verzeichnete in der vergangenen Handelswoche sichtbare Kursverluste, die das Kursbarometer zeitweise sogar unter die Marke von 8.000 drückten. Dabei überraschte Europa mit guter Industrieproduktion und die USA mit robusten Einzelhandelsumsätzen. Diese wurden jedoch weitgehend ignoriert, was zumindest die Kursverluste am deutschen Rentenmarkt begrenzte. Die Fed ist nicht der Verursacher, sondern lediglich der Auslöser der weltweiten Börsenkorrektur. Die Ursache ist vor allem die Wachstumsunsicherheit in den Schwellenländern. Die jüngsten Daten enttäuschten in der Breite und belegen, dass die Aussichten noch vergleichsweise verhalten sind. Wenn sich demgegenüber die Perspektiven für die USA und Europa so günstig darstellen, dass die Fed und EZB von ihrer Extrempolitik Abschied nehmen können, ist es nur konsequent, dass Anleger ihre Gelder aus den Schwellenländern abziehen. Somit ließe sich die Stärke von Dollar und Euro fundamental begründen. Diese ist allerdings nur dann gerechtfertigt, sofern die sich abzeichnende Wachstumsrotation zwischen den Schwellen- und Industrieländern glückt.
Sind es tatsächlich noch die Schwellenländer, von denen die maßgeblichen Wachstumsimpulse ausgehen? Oder sind nun die USA wieder stark genug, um den Platz der globalen Wachstumslokomotive einzunehmen? Falls ja, so dürfte eine restriktiver werdende Fed kein Problem darstellen. Ist die US-Konjunktur aber dafür nicht stark genug, dann drohen bei Risikoassets weitere Kursverluste. Das Zittern ist wohl noch nicht vorbei.
Trend
Die Börsen hängen völlig abhängig am Tropf der Notenbanken. Bereits die vage Möglichkeit einer Reduzierung der Unterstützung lässt die Börsen erzittern. Es ist eben keine Hausse, wie wir sie kennen, sondern eine aus der Krise heraus entstandene künstlich herbeigeführte Börsenparty, zu der die Wirtschaft noch nicht eingeladen ist. Sie hechelt deutlich hinterher. Ohne substantielles Wachstum werden die Partygänger in nicht allzu ferner Zukunft einen mächtigen Kater bekommen. Noch läuft aber die Party und der Champagner fließt in Strömen, dank der Notenbanken. Die Fed wird ihre Politik vorerst nicht ändern. Doch durch die Sommerpause erwarte ich dennoch wenig neue Impulse für die nächsten Monate. Deshalb wird es zu einer volatilen Seitwärtsbewegung kommen, in der die 8000 Punkte im DAX auf Dauer möglichst verteidigt werden sollten.
© 20. Juni 2013/Oliver Roth
* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de
Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)