Zürich (Reuters) - Mit einer Anstellungs-Offensive will die Privatbank Julius Bär ihrem zuletzt etwas lahmenden Wachstum auf die Sprünge helfen.
Im Gesamtjahr sollen rund 120 neue Kundenberater angeheuert werden, drei mal mehr als im Vorjahr, wie Finanzchef Dieter Enkelmann am Montag auf der Pressekonferenz erklärte. Fündig werden die Zürcher dabei vor allem bei größeren Rivalen, die ihr Geschäft umbauen. "Angesichts der Schwierigkeiten, die viele unserer Wettbewerber zur Zeit haben, erweist sich das als etwas einfacher als in der Vergangenheit", erklärte Konzernchef Boris Collardi. "Diesen Vorteil nutzen wir."
In den ersten sechs Monaten des Jahres fiel das Wachstum des Geldhauses auf den tiefsten Stand sei drei Jahren. Bei reichen Kunden sammelte das Geldhaus Neugeld von 3,7 Prozent des Bestandes ein und lag damit unter dem mittelfristigen Ziel eines jährlichen Wachstums von vier bis sechs Prozent. Bär verwies auf Gegenwind in Lateinamerika und Asien. Zudem zogen französische und italienische Kunden in Zusammenhang mit der Offenlegung von bisher unversteuertem Vermögen Gelder ab.
Mit dem Anheuern von neuen Kräften und der vergangene Woche angekündigten Reorganisation will Collardi nun die nächste Wachstumsstufe zünden und im Gesamtjahr innerhalb des Neugeld-Zielbandes abschließen. Hatten in der Vergangenheit vor allem Zukäufe das Geschäft getrieben, nimmt Bär nun viel Geld in die Hand, um Berater der Konkurrenten abzuwerben und dem Geschäft damit neuen Schwung zu verleihen. Denn üblicherweise folgt ein großer Teil der Kunden ihren Beratern, wenn diese den Arbeitgeber wechseln. Der Bank Bär kommt dabei zu Gute, dass sie unter den großen Anbietern als einzige voll auf die Vermögensverwaltung setzt. Bei grösseren Konkurrenten wie Credit Suisse (SIX:CSGN), die derzeit restrukturiert werden, kann Bär deshalb Mitarbeiter weglocken. Dies gelte insbesondere für Asien, sagte Collardi. Mit rekordhohen verwalteten Vermögen von 311 Milliarden Franken ist Bär nach den deutlich größeren Konkurrenten UBS (SIX:UBSG) und Credit Suisse in der Schweiz die Nummer drei im Geschäft mit reichen Privatkunden.
Beim Gewinn verbuchte Bär einen Höchststand. Unter dem Strich verdiente das Institut im Halbjahr 402 Millionen Franken, 4,7 Prozent mehr als vor einem Jahr. Dabei profitierte Bär von höheren Devisen-Handelsvolumen nach dem Brexit-Votum. Auch der Aufwand sank, allerdings vor allem wegen einer Änderung bei den Ausgaben für die Pensionskasse. Dies trug ebenfalls dazu bei, dass Bär die Markterwartungen übertraf.
An der Schweizer Börse legte die Aktie vier Prozent zu. Bär habe sich in einem schwierigen Umfeld akzeptabel geschlagen, erklärte Michael Kunz, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. "Entscheidend wird im zweiten Halbjahr und darüber hinaus, ob die sicher nicht ganz billigen neuen Kundenberater wirklich Gelder anziehen können und ob die Kunden ihre Zurückhaltung bei Transaktionen irgendwann einmal wieder aufgeben."