Investing.com - Der renommierte Bondinvestor und Pimco-Mitgründer Bill Gross rät der Fed von weiteren Zinserhöhungen ab. Stattdessen sollte sie "abwarten, ob die Punsch-Bowle bereits hinreichend geleert worden ist", schreibt er in seinem Gastbeitrag für die Financial Times.
Die Bowle steht stellvertretend für günstige Zinsen, viel flüssiges Geld und dadurch steigende Aktienkurse. Seit 2022 lässt die Fed die Bowle nach und nach leerlaufen, nachdem sie sie jahrelang auf dem Tisch stehen gelassen und dadurch ein gewaltiges Besäufnis am Markt ausgelöst hatte. Derzeit erhöht sie die Zinsen und lässt ihre Bilanz abschmelzen. Damit will sie weitere Exzesse verhindern und die Finanzbedingungen straffen, um die Inflation einzufangen.
Die Post-COVID-Ära des billigen Geldes brachte viele Ponzi-Systeme hervor. Beispielhaft nannte Gross Kryptowährungen und nicht-fungible Token (NFTs).
In seinem Beitrag appelliert Gross u.a. an die Fed, "dem gefährlichen Schuldenberg", der kürzlich von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich festgestellt wurde, größere Beachtung zu schenken.
Die BIZ hatte erst kürzlich in ihrem Quartalsbericht gewarnt, dass das Finanzsystem weiterhin anfällig sei, was die Notenbanken von ihrem aggressiven Inflationsbekämpfungskurs abbringen könnte. So sprachen die Analysten von 80 Billionen Dollar an versteckten Dollar-Risiken, die sich in Devisenswaps und damit außerhalb der Bilanzen der jeweiligen Institute oder Unternehmen befänden.
"Wenn die nominale Fed-Funds-Rate von 4,25 bis 4,5 Prozent und der R-Satz von 2 Prozent weiter steigen, könnte es zu echten Problemen kommen. Es gibt zu viel verborgenen Leverage, zu viel Schattenverschuldung hinter verschlossenen Türen. Um es mit den Worten des persischen Dichters Omar Khayyam zu umschreiben: Die bewegende Fed sollte eine Pause einlegen, und wenn sie fertig ist, bewegt sie sich weiter", schrieb Gross in seinem Kommentar.
Zur Eindämmung der Inflation und zur Straffung der Finanzbedingungen hat die US-Notenbank letzte Woche ihren Leitzins um 50 Basispunkte angehoben. So hoch stand der Schlüsselsatz der Fed zuletzt im Jahr 2007. In den Dezember-Projektionen schätzten die US-Notenbanker das Zinshoch für 2023 auf 5,1 Prozent. Die Zinsprognose lag damit über den im September angepeilten 4,6 Prozent.
"Wir haben noch einiges zu tun", sagte Fed-Chef Jerome Powell am Mittwoch. "Wir werden den Kurs beibehalten, bis die Arbeit erledigt ist."
Er meinte auch, dass die Fed die Zinsen erst dann senken werde, wenn sie "wirklich sicher ist, dass die Inflation nachhaltig zurückgeht". Und "das wird noch eine Weile dauern".
Trotzdem scheint der Bondmarkt Powells Botschaft, dass die Fed für längere Zeit eine restriktive Haltung einnehmen wird, nicht zu glauben.
"Der Markt geht ganz klar davon aus, dass die Inflation einen viel erfreulicheren Verlauf nehmen wird, als die Fed derzeit erwartet", sagte Lindsey Piegza, Chefvolkswirtin bei Stifel Nicolaus & Co, laut Bloomberg.
von Senad Karaahmetovic und Robert Zach