Frankfurt (Reuters) - Angesichts von Zollstreit und wachsenden Zinsspekulationen haben die Anleger am Dienstag europäische Aktien nur mit spitzen Fingern angefasst.
Zwar schoben Schnäppchenjäger Dax und EuroStoxx50 zeitweise um je etwa ein halbes Prozent auf 12.410 beziehungsweise 3424 Punkte an. Aber eine Gewinnwarnung von BMW (DE:BMWG) sorgte für Ernüchterung. Am Nachmittag lagen beide Indizes nur noch knapp im Plus. In hohem Bogen warfen die Anleger die Papiere des bayerischen Autobauers aus ihren Depots. Der Aktienkurs brach um fast sechs Prozent ein. Auch Daimler (DE:DAIGn) und VW (DE:VOWG) legten den Rückwärtsgang ein.
Insgesamt herrschte am Markt Zurückhaltung. Alle Augen seien auf die Beratungen der US-Notenbank (Fed) gerichtet, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Online-Broker CMC Markets. Die Fed werde mit hoher Wahrscheinlichkeit die Zinsen anheben. "Und nach den Hinweisen von EZB-Präsident Mario Draghi auf eine steigende Inflation sind die Investoren brennend daran interessiert, was sein US-Kollege Jerome Powell zum Thema Teuerungsraten zu sagen hat." Die Fed gibt ihre Entscheidung am Mittwochabend bekannt.
Weiter für Diskussionsstoff sorgte zudem eine Äußerung Draghis, der am Montag auf die "relativ starke" Zunahme des Preisdrucks verwiesen hatte. Anleger werteten das als Signal, die Notenbank könnte die Zinsen schon im September statt wie bisher meist erwartet im Oktober 2019 anheben.
Zu den höheren Inflationserwartungen trägt auch der Anstieg der Ölpreise bei. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 1,2 Prozent und markierte mit 82,20 Dollar je Barrel (159 Liter) den zweiten Tag in Folge ein Vier-Jahres-Hoch. Grund für die Rally sind drohende Ausfälle iranischer Lieferungen durch bevorstehende US-Sanktionen.
Die Zinsspekulationen stützten den Euro, der um einen halben US-Cent auf 1,1786 Dollar zulegte, und schoben auch die Renditen der europäischen Staatsanleihen an. Am Rentenmarkt standen ansonsten italienische Staatsanleihen hoch im Kurs. Insidern zufolge peilt die Regierung in Rom im Etat für 2019 ein Defizit von weniger als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung an.
Im chinesisch-amerikanischen Handelsstreit zeichnete sich keine Entspannung ab. Die Regierung in Peking machte neue Verhandlungen vom guten Willen der USA abhängig. Für die Wall Street signalisierten die US-Futures etwas höhere Kurse, nachdem der Dow Jones am Montag 0,7 Prozent verloren hatte.
"ZIEMLICH HARSCHE PROGNOSESENKUNG"
Am deutschen Markt stand am Nachmittag die Senkung der Ergebnisprognose von BMW für das laufende Jahr im Fokus. Die Münchener begründeten ihre geringeren Erwartungen mit Rabattschlachten auf vielen Automärkten der Welt. "Das ist mit Blick auf die Gewinnmarge schon eine ziemlich harsche Prognosesenkung. Teilweise war es bereits erwartet worden, deshalb fällt die Aktie jetzt nicht ins Bodenlose", fasste ein Händler zusammen. Nach dem ersten Schock tendierten BMW mit 80,85 Euro noch 3,2 Prozent im Minus. VW und Daimler verloren in der Spitze je 2,5 Prozent.
Ebenfalls unter Druck waren die Aktien der Lufthansa (DE:LHAG), die mit einem Abschlag von 5,3 Prozent ebenfalls zu den Schlusslichtern im Dax zählte. Anleger fürchten, dass die steigenden Ölpreise die Treibstoffkosten in die Höhe treiben werden.
Zeitweise ein bis zwei Prozent im Plus lagen dagegen die Aktien der Commerzbank (DE:CBKG) und der Deutschen Bank (DE:DBKGn) Der Chef der Letzteren, Christian Sewing, schloss eine Fusion der beiden Institute nicht aus. Zudem stützten die Spekulationen auf steigende Zinsen die Finanzwerte generell.