Die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 haben eine neue Offensive gegen den umstrittenen Bau gestartet. In einem am Montag veröffentlichten Brief an die Aufsichtsratsmitglieder der Deutschen Bahn forderten sie diese auf, nach den angekündigten Kostensteigerungen ernsthaft in Gespräche über einen Umstieg auf Baualternativen einzutreten. Derweil fühlt sich Baden-Württemberg mit den Mehrkosten allein gelassen, wie Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte.
Der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Eisenhart von Loeper, erklärte, es gebe "machbare Umstiegskonzepte, die von den Realitäten auf den Baustellen ausgehen". Es lägen Vorschläge unter anderem zum Bahnhofsgebäude, zum umliegenden Schlossgarten und zur verbesserten verkehrlichen Anbindung des Kopfbahnhofs vor, über die das Bündnis zu beraten bereit sei. Die umfassenden Pläne zum Konzept des Bahnhofsgebäudes sollten in einem Monat präsentiert werden.
Die Bahn hatte zuletzt Kostensteigerungen im Umfang von einer halben Milliarden Euro sowie eine zweijährige Verzögerung eingeräumt. Das Aktionsbündnis erwartet dagegen zusätzliche Kosten von mehreren Milliarden Euro sowie einen Bauverzug von noch einem weiteren Jahr gegenüber der Bahn-Prognose.
Von Loeper erklärte, es sei zu verstehen, dass es nun auch Rücktrittsforderungen etwa gegen Bahn-Chef Rüdiger Grube gebe. Andererseits sei es damit nicht getan, denn "kein Vorstand der Welt wird dieses Projekt retten können". Dem Bündnis zufolge sind die seit neun Monaten von in der Gruppe aktiven Architekten, Bahnexperten, Denkmalschützern und Ingenieuren laufenden Arbeiten zu der Frage, ob und wie ein Umstieg möglich wäre, auf der Zielgeraden.
Der Bahn-Aufsichtsrat will sich am Mittwoch mit den neuen Entwicklungen bei Stuttgart 21 befassen, der Konzernvorstand will dazu einen Bericht vorlegen.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte dem Bayerischen Rundfunk, sein Bundesland fühle sich angesichts der drohenden Kostensteigerungen allein gelassen. "Der Bund hat damals mit starker Unterstützung der Bundeskanzlerin und des Finanzministers gesagt, dieses Projekt wird gemacht, auch wenn es teuer ist". Sein Land habe aber deutlich gesagt, dass es nicht mehr als die zugesagten Zuwendungen geben könne.
"Das muss der Bund, das muss die Bahn finanzieren, das ist bis heute nicht geschehen, man lässt uns im Regen stehen", sagte der Verkehrsminister. Dabei zeigte er sich anhaltend verärgert über die Informationspolitik der Bahn. "Wir haben kurz vor der Veröffentlichung dieser neuen Dinge beruhigende fünf Zeilen von der Bahn bekommen, dass letztendlich alles in Ordnung ist, und dann liest man einen Tag später, es wird wieder teurer, es wird wieder später." Das zerstöre die Glaubwürdigkeit und mache misstrauisch.