Frankfurt (Reuters) - Nach dem Corona-Kollaps vom Vortag stützen Schnäppchenjäger die Kurse an den europäischen Börsen.
Der Dax legte am Donnerstagvormittag 0,3 Prozent zu auf 11.596 Punkte, der EuroStoxx50 notierte etwas schwächer bei 2959 Zählern. Bund und Länder hatten sich auf weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens geeinigt, um die Corona-Pandemie wieder in den Griff zu bekommen. Damit sei die Katze aus dem Sack, sagte Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus. “Die Stunde der Preisjäger könnte geschlagen haben.”
Viele Investoren blicken nun auf die Europäische Zentralbank, die sich am Nachmittag zu ihrer Zinspolitik äußern will. Experten erwarten, dass die Hüter des Euro um EZB-Präsidentin Christine Lagarde keine neuen Hilfsprogramme beschließen werden. Es wird aber damit gerechnet, dass sie zumindest den Boden bereiten für weitere Hilfen im Dezember. Ökonomen gehen davon aus, dass die Einschränkungen des öffentlichen Lebens in vielen europäischen Ländern die nach wie vor fragile Erholung ausbremsen wird. Das Mittel der Wahl dürfte eine weitere Aufstockung der Anleihekäufe sein, sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager bei der Vermögensverwaltung QC Partners. “Über dieses Mittel wird die EZB versuchen, die Finanzierungskosten für die Unternehmen der Eurozone niedrig zu halten und gleichzeitig eine maximale Liquidität am Anleihenmarkt sicherzustellen.”
Der Ölpreis setzte seinen Rückgang fort. Ein Barrel der Nordsee-Sorte Brent gab vier Prozent nach auf 37,54 Dollar, leichtes US-Öl kostete mit 35,76 Dollar 4,4 Prozent weniger. In Deutschland wurde dem Tourismus für November eine Zwangspause verordnet, in Frankreich müssen die Menschen sogar ganz zuhause blieben. “Die Lockdowns fangen an, auf der Nachfrage in Europa zu lasten, und die Aussichten für den Ölpreis trüben sich ein”, sagte Stephen Innes, Chefstratege beim Brokerhaus Axi. Das dürfte auch die Opec auf den Plan rufen, sagte Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg. Eine Erhöhung der Ölförderung ab Januar sei unwahrscheinlich. “Vielmehr wären eigentlich weitere Produktionskürzungen notwendig.”
AIXTRON-AKTIEN GERATEN UNTER DIE RÄDER - NEMETSCHEK GEFRAGT
Bei den Einzelwerten sorgte unter anderem Aixtron (DE:AIXGn) für Aufsehen: Der Chipanlagenbauer traut sich bei der Umsatzentwicklung weniger zu als bisher geplant. Das kam an der Börse nicht gut an; die Aktien brachen um bis zu 15,9 Prozent ein und notierten so niedrig wie seit viereinhalb Monaten nicht mehr.
Um bis zu 11,9 Prozent aufwärts ging es dagegen für die Papiere des Bausoftware-Herstellers Nemetschek (DE:NEKG). Das Unternehmen steht am Ende des Jahres voraussichtlich besser da als vor der Corona-Krise und rechnet mit einem stärkeren Umsatzplus als bislang. Ein Händler sagte, der Geschäftsbericht sei im allgemeinen überzeugend, positiv sei insbesondere der optimistischere Ausblick. Ein anderer Händler verwies darauf, dass auch die allgemeine Nervosität der Anleger seit einiger Zeit gestiegen und die Kursbewegungen extremer geworden seien. Es sei eine Art “Vollgashandel”.
In Paris legten die Aktien des Telekom-Konzerns Orange gut fünf Prozent zu. Das Unternehmen erfreut die Anleger mit einer Dividende für 2020. Im Quartal verbuchte Orange zudem einen weniger starken Ergebnisrückgang als befürchtet. Die Zahlen seien “ermutigend”, urteilten die Analysten von Credit Suisse (SIX:CSGN).