Die Aktie der Deutschen Bank (WKN: 514000) macht wahrlich keine Freude, weder auf lange noch auf kurze Sicht. Seit Januar 2005 verloren Anleger 84,8 % ihres Vermögens. 2016 stoppten zwar vorerst die wildesten Kurskapriolen. Doch seitdem kommt die Aktie nicht vom Fleck und läuft stur seitwärts. In den vergangenen zwölf Monaten kam sie nochmals ordentlich unter die Räder und verlor 20,8 %. Heute bekommen wir das Papier für 9,26 Euro (Stand aller Daten: 15. Juni 2022).
Skandal-Serie reißt nicht ab Die Fondstochter DWS steht seit einiger Zeit unter Greenwashing-Verdacht. Sowohl die US-Börsenaufsicht als auch die Bafin und das US-Justizministerium ermitteln. Den Stein ins Rollen brachte Desiree Fixler, die ehemalige Nachhaltigkeits-Chefin der DWS. Nach ihrer Entlassung hatte sie ihrem früheren Arbeitgeber vorgeworfen, dass dieser bei Angaben über seine nachhaltigen Investments systematisch übertreibe. Die DWS weist die Vorwürfe zwar zurück.
Das hielt die Staatsanwaltschaft aber nicht davon ab, vor wenigen Tagen eine Razzia in den Konzernzentralen der DWS durchzuführen. Auch die Räume der Deutschen Bank in Frankfurt am Main selbst waren Ziel der Fahnder. Das ist natürlich Gift für den Aktienkurs.
Doch was wäre, wenn das alles zwar mediale Skandale wären, das Unternehmen Deutsche Bank aber fundamental richtig stark abliefern würde? Schauen wir uns jetzt einmal die Zahlen an.
CEO Christian Sewing kann nicht nur Kosten, sondern auch Erträge Im April 2018 übernahm er das Ruder. Seine Mission: Transformation. Ein großes Wort, dem er aber auch Taten folgen ließ. Mittlerweile gelingt es der Bank auch wieder, schwarze Zahlen zu liefern. Der Gewinn kletterte in den vergangenen drei Jahren auf mehr als 2,4 Mrd. Euro. Zum Wachstum trugen vorwiegend steigende Provisionseinnahmen und Handelsgewinne bei.
Zudem gelang es Sewing und seinem Team, die Erosion der Zinsüberschüsse zu verlangsamen. Das Institut muss mittlerweile weniger Geld für vom Ausfall gefährdete Kredite zurücklegen. Und deshalb bleibt nach Abzug der Risikovorsorge deutlich mehr von den Zinseinnahmen übrig.
Die Folge: Die großen Ratingagenturen erhöhen die Bonitätsnoten. Das ist gut für das Geschäft mit institutionellen Investoren und Superreichen. Schließlich achten diese bei der Wahl ihrer Bank- und Geschäftsbeziehungen ganz besonders auf die Ratings.
Der Investmentarm dominiert das Geschäft Manch ein Marktteilnehmer sieht das nicht so gerne: Die Erträge der Deutschen Bank kommen zu großen Teilen aus der Investmentsparte. Diese stand im Geschäftsjahr 2021 für rund 38 % der Netto-Erträge und praktisch für den gesamten Vorsteuergewinn. Im ersten Quartal 2022 schnitt die Investmentbank sogar noch besser ab.
Langfristig birgt diese Dominanz hohe Risiken, sagen einige Investoren. Denn der Anleihe- und Devisenhandel wie auch das Beratungsgeschäft bei Börsengängen und Übernahmen unterliegen üblicherweise größeren Schwankungen. Der Grund: Sie hängen beide stark von der Lage an den Märkten und der konjunkturellen Entwicklung ab. Besser wäre also ein ausgewogener Einnahmenmix.
Bei der Deutsche Bank-Aktie (ETR:DBKGn) bin ich sehr vorsichtig Drei Gründe sprechen aus meiner Sicht dafür, sich als Investor in den kommenden Monaten zurückzuhalten. Ich warte ab, wie sich die weiteren Maßnahmen zur Restrukturierung auszahlen werden. Wenn die Risikovorsorge auf stabilen Füßen steht und die Deutsche Bank eines Tages auch wieder nachhaltige Gewinne über einen längeren Zeitraum erwirtschaften sollte, wird auch der Mehrwert für Aktionäre wieder steigen können.
Angesichts der neuen Skandale zweifle ich jedoch daran, dass die Deutsche Bank diesen Punkt mittelfristig erreicht. Von der Aktie halte ich mich fern. Die weitere Entwicklung beobachte ich aus sicherer Distanz.
Henning Lindhoff besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
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