Von Peter Nurse
Investing.com - Die europäischen Aktienmärkte sind am Donnerstagmorgen kurz nach der russischen Invasion in die Ukraine starkt eingebrochen. Jetzt hat sich die diplomatische Krise zu einem handfesten Krieg entwickelt.
Bis 9:45 Uhr MEZ wurde der DAX in Deutschland 3,5 % im Minus gehandelt, der CAC 40 in Frankreich verlor 3,2 % und der FTSE 100 in London notierte 2,8 % im Minus.
Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte am frühen Donnerstag eine Militäroperation in der Ostukraine an und erklärte, er unterstütze die prorussischen Separatisten in der Donbass-Region. Gleichzeitig behauptete er, dass sein Land nicht die Besetzung der ganzen Ukraine anstrebe.
Nach Angaben der ukrainischen Regierung in Kiew findet hier jedoch eine „Invasion in vollem Umfang“ statt, bei der militärische Einrichtungen, einschließlich Flugplätze und Flugabwehrsysteme, ins Visier genommen werden. Die ukranische Regierung hat landesweit das Kriegsrecht verhängt.
Die Investoren sind bereits seit mehreren Wochen in Aufruhr, nachdem Russland seine Truppen an der ukrainischen Grenze zusammengezogen hatte. Viele Anleger haben unterdessen versucht, die Absichten Putins zu erraten.
Der russische Schritt in Richtung Krieg wird von westlichen Führern scharf verurteilt. Der Markt wartet jetzt gespannt auf das volle Ausmaß weiterer Sanktionen gegen Russland, die mit Sicherheit folgen werden. Viele Anleger treiben auch die potenziellen Auswirkungen um, die diese Sanktionen auf das weltweite Wirtschaftswachstum haben werden.
Diese geopolitischen Risiken überschatten am heutigen Donnerstag die Überlegungen vieler Anleger. Derweil haben viele europäische Schwergewichte ihre Unternehmensergebnisse vorgestellt.
Die Aktien von Anheuser-Busch InBev (BR:ABI) stiegen um 0,8 %, nachdem die weltgrößte Brauerei prognostiziert hatte, dass ihr Gewinn im Jahr 2022 steigen würde. Sie schloss das Geschäftsjahr 2021 mit stärkeren Ergebnissen als erwartet ab.
AXA (PA:AXAF) verlor dagegen 4 %, obwohl Europas zweitgrößter Versicherer seinen Gewinn gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppeln konnte. Allerdings gibt es jetzt die Befürchtungen, dass der Konflikt zusätzliche Ansprüche nach sich ziehen könnte.
Die Deutsche Telekom (DE:DTEGn) notierte 3,9 % schwächer, obwohl die US-Sparte T-Mobile starke Ergebnisse berichtete. Auch das Geschäft in Europa konnte zulegen.
Accor (PA:ACCP) verlor 4 %, da gerade der Reise- und Freizeitsektor von den heutigen Nachrichten hart getroffen wurde. Und das, obwohl Europas größte Hotelgruppe bekanntgab, dass sie 2021 mit ihren Kernumsätzen wieder in die Gewinnzone gerutscht sei.
Die Aktien von WPP (LON:WPP) brachen um über 6 % ein, obwohl die weltweit größte Werbegruppe im vergangenen Jahr ein Umsatzwachstum von über 12 % meldete und gleichzeitig einen neuen Aktienrückkauf in Höhe von 1,1 Mrd. USD für 2022 begann.
Uniper (DE:UN01) rutschte sogar über 10 % auf ein 14-Monats-Tief ab, da der deutsche Versorger (NYSE:XLU) umfangreiche Geschäfte in Russland unterhält und einer der wichtigsten Geldgeber für das Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 war.
Bei den Ölpreisen kam es erneut zu einem starken Anstieg. Die Nordseesorte Brent wurde kurzzeitig zum ersten Mal seit 2014 über der 100-Dollar-Marke pro Barrel gehandelt, nachdem russische Truppen in die Ukraine einmarschiert sind. Mit dieser russischen Maßnahme kamen erneut Befürchtungen auf, dass es zu Unterbrechungen bei der weltweiten Energieversorgung kommen könnte.
Bislang haben sich die Westmächte mit Sanktionen gegen Russland für den Energiemarkt zurückgehalten. Angesichts der aktuellen Situation werden jedoch schärfere Sanktionen immer wahrscheinlicher.
Dies bedeutet, dass die europäischen Länder ihre Energieversorgung wahrscheinlich durch andere Länder sicherstellen müssen, wodurch ein bereits angespannter Markt weiter belastet wird.
Bis 9:45 Uhr MEZ wurden US-Rohöl-Futures 6,1 % höher bei 97,76 USD pro Barrel gehandelt, während die Nordseesorte Brent um 5,9 % auf 99,62 USD stieg.
Der an der COMEX-Sparte der New Yorker Handelsbörse Nymex gehandelte Gold-Future kletterte um 1,8 % auf 1.945,60 USD je Feinunze, während EUR/USD 0,7 % niedriger bei 1,1239 gehandelt wurde.