Frankfurt (Reuters) - Börsianer in Europa haben dem sich verschärfenden Handelsstreit zwischen China und den USA die kalte Schulter gezeigt und sich mit Aktien eingedeckt.
Der Dax kletterte am Dienstag um ein halbes Prozent auf 12.151 Punkte und auch der EuroStoxx50 legte 0,5 Prozent auf 3361 Stellen zu. "Im Handelskonflikt fangen die Investoren jetzt an zu trennen zwischen dem immer wiederkehrenden Bemühen des US-Präsidenten, Aufmerksamkeit zu erlangen und dem, was real passiert", sagte Marktanalyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets. Derzeit sei noch nicht klar, ob die Gespräche zwischen Peking und Washington abrissen oder weitergingen. China kündigte allerdings bereits Vergeltungsmaßnahmen an.
Bei Anlegern herrschte Händlern zufolge aber größtenteils auch Erleichterung darüber, dass die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle zunächst niedriger ausfallen als erwartet. In einem ersten Schritt will die USA auf chinesische Waren im Gesamtwert von 200 Milliarden Dollar Abgaben von zehn Prozent erheben. Bis zum Jahresende sollen die Zölle dann auf 25 Prozent steigen. Von der ursprünglichen Liste wurden einige Produkte heruntergenommen, wie etwa Lautsprecher und Uhren von Apple (NASDAQ:AAPL). Auch an den Börsen in Asien reagierten Anleger gelassen, der Leitindex der Börse in Shanghai schloss 1,8 Prozent höher. "Offenbar war einiges bereits eingepreist", sagte NordLB-Analyst Bernd Krampen. Der Konflikt um höhere Zölle hält Börsianer seit Monaten in Atem.
ANALYSTEN WARNEN VOR LANGFRISTIGEN FOLGEN VON ZOLLSTREIT
Analysten warnten aber vor den längerfristigen Folgen des Streits. Eine Eskalation könne vor allem für die Märkte in Europa und Asien schwerwiegende Folgen haben, sagte Analyst Milan Cutkovic vom Broker AxiTrader. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Trump den Fokus wieder auf Europa richtet und auch hier mit neuen Strafzöllen droht." Die höheren Zölle könnten auch die US-Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen, sagte Krampen. Am Ende werde entscheidend sein, ob sich das Unternehmens- und Verbrauchervertrauen abschwäche. "Historisch betrachtet bedeuten Zölle auf allen Seiten Wohlstandsverluste."
An den Rohstoffmärkten waren Anleger weniger zuversichtlich als an den Aktienmärkten. Die Eskalation des Zollstreits nähre Spekulationen auf eine Abkühlung der Weltwirtschaft, die auf den Energiebedarf durchschlage, sagt Wang Xiao, Chef-Analyst des Brokerhauses Guotai Junan. Der Preis für ein Fass Rohöl der Nordseesorte Brent verbilligte sich um ein halbes Prozent auf 77,75 Dollar. Kupfer gab zeitweise 1,5 Prozent nach auf 5855 Dollar je Tonne.
ORACLE ZIEHT SAP (DE:SAPG) NACH UNTEN
Einer der größten Verlierer im Dax waren die Aktien von SAP mit einem Kursminus 0,3 Prozent. Der US-Rivale Oracle verdiente im vergangenen Quartal unerwartet wenig und vergraulte damit seine Investoren an der Wall Street.
Auf dem falschen Fuß erwischte auch Zalando (DE:ZALG) seine Anleger mit einer erneuten Prognosesenkung. Die Aktien des Online-Modehändlers stürzten um bis zu 20 Prozent ab, so viel wie noch nie in der Firmengeschichte. Das machte auch Investoren des Bekleidungskonzerns Hugo Boss (DE:BOSSn) nervös. Die Titel gaben um 2,1 Prozent nach. Die Aktien des Zalando-Großaktionärs Kinnevik verloren sieben Prozent.
In Kopenhagen schossen die Papiere von Pandora um gut neun Prozent in die Höhe, nachdem die Zeitung "Il Sole 24 Ore" berichtet hatte, dass Finanzinvestoren über ein Übernahmeangebot für den Schmuckkonzern nachdenken.