Wie lange hat sie sich jetzt gehalten, die Mär von den neuen Zinsen? Seitdem die Zentralbanken das Zinsniveau etwas weiter abgesenkt haben und Dividendenaktien alternativlos geworden sind, ist einige Zeit vergangen. Vielleicht acht, vielleicht neun Jahre? Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wann ich diesen Spruch das erste Mal gelesen habe.
Das Bittere hierbei ist, dass der lange Bullenmarkt, der längste in der Geschichte der Börsen, einer solchen Spekulation weiteren Auftrieb verliehen hat. Dividenden schienen vergleichsweise sicher. Eine Einschätzung, die sich jetzt umso mehr rächt.
Die aktuelle Korrektur beziehungsweise der Crash zeigt schließlich: Nein, Dividenden sind nicht der neue Zins! Und daran wird sich auch nie etwas ändern.
Wer kurzfristig denkt, wird jetzt bestraft Zinsen besitzen nämlich eine Eigenschaft, die Dividenden und Dividendenaktien einfach nicht liefern können. Wer sein Geld selbst für ein Jahr, für zwei oder auch drei parken wollte, der konnte früher stets auf Zinsen setzen. Nach einem Bankjahr mit 360 Tagen gab es für den Einsatz die sichere Belohnung. Vorbei sind allerdings seit Langem die Zeiten, in denen diese bei 3 oder 4 % oder noch höher gelegen hat.
Wer hingegen jetzt auf Dividenden setzt, die ebenfalls in einer solchen Größenordnung liegen, sieht das Folgende: Viele Ausschüttungen sind historisch zwar sicher. Allerdings ist selbst eine historisch sichere Dividende nur die halbe Miete, wenn die Aktienkurse massiv einbrechen.
Selbst historisch sichere Zahler wie die Münchener Rück (DE:MUVGn) (WKN: 843002) oder Royal Dutch Shell (DE:RDSa) (WKN: A0ER6S) haben inzwischen deutlich zweistellige Abschläge beim Wert hinnehmen müssen. Wer jetzt verkaufen müsste, weil er auf sein Geld kurz- bis mittelfristig angewiesen ist (oder einfach seine Nerven verliert), der macht Verluste. Ein Szenario, das es bei den Zinsen einfach nicht gegeben hat.
Dividenden sind kein neuer Zins. Aktien kein kurzfristig so sicherer Wertspeicher wie ein Tages- oder Festgeldkonto. Wer auf diese Analogie gesetzt hat, der wird jetzt spürbar merken, dass der Vergleich ganz stark an seine Grenzen stößt.
Der Zeitpunkt ist nicht einmal fix Zudem sollten Investoren in diesen Tagen bedenken, dass im deutschsprachigen Raum nicht einmal mehr der Zeitpunkt in Stein gemeißelt zu sein scheint. Die Hochsaison der Dividendenjäger beginnt zwar im April und läuft über den gesamten Mai. Das Coronavirus könnte hier jedoch einen Strich durch die Rechnung machen.
Während Zinsen stets gebucht werden und lediglich ein Banker für diese Gutschrift benötigt wird, brauchen Dividenden eine Hauptversammlung, die diese beschließt. Bereits des Öfteren habe ich darauf verwiesen, dass eine Dividende eben nichts Persönliches ist, das zwischen dir und der Bank ausgemacht wird. Auch in diesen Tagen zeigt sich dieser Aspekt sehr deutlich.
Wenn die Hauptversammlungen verschoben werden müssen, dann wird auch die Dividende für das letzte Geschäftsjahr 2019 nicht beschlossen. Das kann zu zeitlichen Verzögerungen führen, was wir als Investoren ebenfalls lange nicht mehr auf dem Schirm hatten.
Auch hier zeigt sich an den Formalitäten, dass eine Dividende nicht der neue Zins ist. Wer jetzt auf die Ausschüttungen angewiesen ist, bekommt ein Problem. Ein Problem, das es bei Zinsen früher nicht gegeben hätte.
Dividenden sind besser! Nichtsdestotrotz möchte ich zum Abschluss dennoch ein Plädoyer für Dividenden halten, denn in meinen Augen sind sie langfristig sogar besser als bloße Zinsen. Natürlich geht es mit Aktien auf und ab und das kann kurz- und mittelfristig zu Kurskapriolen führen. Wer jedoch langfristig denkt, erhält hier einen besseren Mix.
Viele Dividenden steigen mit der Zeit, über Jahre und Jahrzehnte hinweg sind sogar deutlich zweistellige Dividendenrenditen möglich. Das macht Dividenden als Anteil der Unternehmensgewinne zwar nicht zu einer Kompensation für zinslose Zeiten. Jedoch zu einem starken Weg, um langfristig (!) ein Vermögen aufzubauen.
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Vincent besitzt Aktien der Münchener Rück und von Royal Dutch Shell. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
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