München (Reuters) - Ungeachtet eines überraschend hohen Quartalsgewinns bekommt der Halbleiterhersteller Infineon (DE:IFXGn) den Gegenwind in der Branche immer stärker zu spüren.
Zum Jahreswechsel habe sich das Umfeld "spürbar abgekühlt", sagte Finanzchef Dominik Asam am Dienstag. Im traditionellen Geschäft mit Chips für Autos, Server oder Smartphones sei die Nachfrage schwächer. Vorstandschef Reinhard Ploss dämpfte deshalb die Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr: Der Umsatz werde weniger stark wachsen als gedacht, die Marge niedriger ausfallen. Im Vergleich zu anderen Wettbewerbern ist der leicht abgesenkte Ausblick nach Ansicht von DZ-Bank-Analyst Harald Schnitzer aber "noch immer verhältnismäßig optimistisch".
Für das Geschäftsjahr 2018/19, das am 1. Oktober begonnen hat, kündigte Infineon ein Umsatzplus von neun Prozent an. Zuletzt hatten die Bayern elf Prozent Zuwachs in Aussicht gestellt. Die operative Marge soll etwa 17,5 Prozent statt der ursprünglich angepeilten 18 Prozent betragen. Im ersten Geschäftsquartal fuhr der Konzern aus Neubiberg bei München 18,2 Prozent ein. Das Segmentergebnis betrug 359 Millionen Euro - das sind 27 Prozent mehr als vor Jahresfrist, aber zehn Prozent weniger als im Vorquartal. Analysten hatten im Schnitt mit weniger operativem Gewinn gerechnet.
HOHE LAGERBESTÄNDE
Nach dem Boom der vergangenen Jahre, getrieben von der Nachfrage nach immer kleineren und leistungsstärkeren Halbleitern für Smartphones, Tablets oder Fahrzeuge, kämpfen Chipfirmen weltweit mit einem Überangebot und hohen Lagerbeständen. Denn inzwischen wächst der Auto-Absatz langsamer, selbst in China, dem größten Pkw-Markt der Welt, war er zuletzt rückläufig. Auch der Smartphone-Markt ist abgeflaut. Ende Januar hatte der weltgrößte Chiphersteller Intel (NASDAQ:INTC) eine trübe Prognose abgegeben - und sich damit Konkurrenten wie SK Hynix oder STMicroelectronics angeschlossen.
"Nach zwei außergewöhnlich starken Jahren beruhigt sich der Markt an der ein oder anderen Stelle", sagte der scheidende Infineon-Finanzchef Asam, der im April zu Airbus (PA:AIR) wechselt. Der Halbleiterhersteller geht davon aus, dass der Umsatz im laufenden zweiten Geschäftsquartal stagniert, und dass weniger Geld hängen bleibt. Die Unsicherheit im Markt sei hoch, sagte Vorstandschef Ploss. Das zweite Quartal werde schwierig, aber danach gebe es eine saisonale Erholung. Er sei zuversichtlich, dass der Konzern im zweiten Halbjahr zum Wachstum zurückkehre.
Die langfristige Wachstumsperspektive für Infineon ist laut Ploss "unverändert gut". Finanzchef Asam verwies auf große Trends wie Energieeffizienz, Elektromobilität oder Big Data. Im Autogeschäft, das für gut 40 Prozent der Erlöse steht, sorge nach wie vor der Zuwachs für elektrisch angetriebene, vernetzte und autonome Fahrzeuge für Schub. Den klassischen Pkw-Markt sieht der Konzern in diesem Jahr nicht vom Fleck kommen.
Wegen der geringeren Wachstumsraten tritt Infineon bei den Ausgaben etwas auf die Bremse. "Die Situation hat sich geändert, und wir stellen uns darauf ein", sagte Asam. Investitionen wie die Anschaffung bestimmter Fertigungsanlagen würden verschoben. Das spart den Angaben zufolge 100 bis 200 Millionen Euro. Zudem werden dem Finanzchef zufolge nur in sehr wenigen Bereichen noch Stellen geschaffen. Zum Jahresende beschäftigte Infineon weltweit gut 41.000 Mitarbeiter.