Ausverkauf oder Korrektur? Zeit für kluge Investments – So gehst du vor!Raus aus dem Risiko

Kommentar: DAX - und wo bleibt jetzt der Big Short?

Veröffentlicht am 31.03.2020, 11:16
© Reuters.
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von Robert Zach

Investing.com - Der Dax 30 hat nach der Kurserholung am Montag weiter zugelegt. Die Sehnsucht der Shorties nach einem neuen Verkaufsmöglichkeiten zerschellte an der sich weltweit verlangsamenden Zunahme der Neuinfektionen mit dem Coronavirus, dem überraschenden Rebound der Produktion in China sowie den gigantischen Konjunkturmaßnahmen der Regierungen und Zentralbanken.

Da die Anleger jedoch auf einen Datennebel zusteuern, weil sich das ganze Ausmaß des Virus auf die wirtschaftliche Aktivität wohl erst in den April-Daten widerspiegeln wird, besteht weiterhin die Möglichkeit, dass es sich bei der gegenwärtigen Erholung nur um eine Bärenmarktrallye handelt, wie viele propagieren, dabei aber den Zentralbank- und den daraus resultierenden Liquiditätseffekt aus irrationellen Gründen völlig ausblenden und das, obwohl sie wissen, was die Hausse in den letzten 10 Jahren maßgeblich angetrieben hat.

Der Dax gewinnt zur Stunde 2 Prozent oder 197 Zähler auf 10.013 Punkte und steht damit zum ersten Mal seit 26. März wieder oberhalb der psychologisch bedeutenden Marke von 10.000 Punkten. Der Euro Stoxx 50 rückt um 2,19 Prozent auf 2.825 Zähler vor und der markt breitere Stoxx 600 legt um 1,82 Prozent auf 320,68 Zähler zu.

Im Kampf gegen Covid-19 schotten sich Europa, die USA und andere wichtige Volkswirtschaften komplett ab. Das dürfte die Verbraucher- und Unternehmensausgaben so stark belasten wie zuletzt zu Zeiten der Großen Depression. Allerdings besteht Hoffnung, dass der Gipfel der Coronavirus-Krise bereits überschritten wurde.

Wie die Deutsche Bank (DE:DBKGn) herausfand, stieg die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in den letzten 24 Stunden nur noch um 8,8 Prozent. Dies sei eine signifikante Verlangsamung, stellten die Experten fest. Schließlich sei es der zweite Tag in Folge, an dem die Gesamtzahl der Neuinfektionen um weniger als 10 Prozent zunahm.

Auch in Italien, dem Epizentrum des Coronavirus-Ausbruchs in Europa, weisen die Metriken für Neuinfektionen und Todesfälle eine Verlangsamung auf, wohingegen in Spanien, dem zweiten Covid-19-Hotspot in Europa, die Zahlen weiter zunehmen.

In den USA steigt die Zahl der Coronavirus-Fälle aufgrund zunehmender Tests, erklärte die Deutsche Bank. Mittlerweile kommt das Land auf fast doppelt so viele Fälle wie China. Allerdings gibt es auch hier Anzeichen für eine Verlangsamung. Die Zahl der Neuerkrankungen sei am letzten Tag nur um 14,5 Prozent gestiegen, was die zweitniedrigste tägliche Zunahme seit dem Anstieg über 100 Infektionsfälle darstelle.

Die Verlangsamung der Fallzahlen weltweit lässt Anleger hoffen, dass das schlimmste bereits hinter uns liegt, was die Aktienmärkte unterstützt.

Hinzu kommt die Annahme, sofern man den chinesischen Zahlen trauen kann, dass sich die Aktivität im Reich der Mitte wohl schneller erholt als gedacht. Nach einem Einbruch auf ein Rekordtief stieg der chinesische Einkaufsmanagerindex per März zurück über seine Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Allerdings dürfte sich das Bild bereits im April wieder eintrüben, schließlich schotten sich mehr und mehr Länder im Kampf gegen die Krankheit ab, was auch an der chinesischen Wirtschaft nicht spurlos vorbeigehen dürfte. Kurzfristig lebt mit den Zahlen aber die Hoffnung auf eine U-förmige Erholung der Weltwirtschaft wieder auf.

Unterstützung kommt auch von den aufgelegten Konjunkturprogrammen der Regierungen auf der ganzen Welt, aber insbesondere der Zentralbanken. In China senkte die Zentralbank gestern zum ersten Mal seit fünf Jahren den Satz für Reverse-Repo-Geschäfte überraschend um 20 Basispunkte auf 2,20 Prozent und die Federal Reserve ergriff letzte Woche weitere aggressive Stützungsmaßnahmen, um den Abschwung zu glätten. Hinzu kommt die Kaufwut der EZB, die vergangene Woche so viele Anleihen erwarb wie noch nie zuvor in der Geschichte. Bis zum 27. März wurden Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und andere Wertpapiere im Wert von gut 39 Milliarden Euro erworben.

Auf kurze Zeit dürfte diese enorme Liquidität sowie die Sicherstellung des Kreditflusses die Aktienmärkte wohl gut unterstützen. Die entscheidende Frage aber lautet: Was kommt danach? Das Virus dürfte für einen massiven Nachfrageeinbruch sorgen, was in erster Linie einen deflationären Schock auslösen wird. Gleichzeitig werden Lieferketten zerstört oder zumindest unterbrochen. Wenn die Nachfrage aber rasch zurückkehrt, dürfte damit auch die Inflation ein Comeback feiern, was wiederum die Renditen hochtreibt und damit die Aktienmärkte ausbremst. Es stellt sich auch die Frage, ob das Virus nicht zu einer Entschleunigung der Globalisierung führen wird. Dies dürfte die inflationäre Entwicklung noch verstärken.

Hoffnung besteht derzeit nur darin, dass die Zentralbanken - wie die letzten Wochen bewiesen haben - bereit sind, alles zu tun, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Insofern könnte bereits hinter verschlossenen Zentralbank-Türen über eine Steuerung der Zinskurve diskutiert werden.

Dies sollten Anleger, die langfristige Anlageentscheidungen treffen, im Hinterkopf behalten. Aber kurzfristig gesehen, sieht es danach aus, als ob sich die durch die Zentralbanken erzeugte Liquiditätsschwemme positiv auf die Aktienmärkte auswirkt.

Da das Coronavirus aber wohl auch ganz ungeahnte Auswirkungen hat, die wir alle so noch nicht erlebt haben, ist eine zweite Abwärtswelle an den Aktienmärkten freilich nicht gänzlich auszuschließen, zumal sich der DAX kritischen Chartmarken nähert. Vorausgesetzt, es handelt sich bei der aktuellen Erholung tatsächlich nur um eine Bärenmarktrallye, dann könnte dem deutschen Aktienbarometer im Bereich von 10.400 Punkten allmählich die Puste ausgehen. Gelingt den Bullen dagegen der Spurt über diese Hürde, so bestünde weiteres Rallye-Potenzial auf 11.000 Punkte.

Denken Sie daran: die Märkte antizipieren und mit dem jüngsten Washout wurden die schwachen Hände aus dem Markt genommen und sicherlich auch einige große Fische, die jetzt aber unter Druck stehen, zu investieren, falls der Abwärtstrend nachhaltig gebrochen werden kann. Nur weil die Daten im Q1 und Q2 schlecht ausfallen werden, bedeutet dies nicht, dass die Aktienmärkte sich nicht weiter erholen können, vor allem mit Blick auf die von den Regierungen und Zentralbanken bereits ergriffenen Maßnahmen - und wer weiß, was da noch alles kommt. Das muss jedem klar sein, der weiterhin einen Abwärtstrend sehen will, nur weil es gerade so in sein Weltbild passt.

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