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Nach "Dieselgate" - Deutsche Autobauer unter Strom

Veröffentlicht am 12.09.2017, 17:28
© Reuters. Audi CEO Rupert Stadler speaks during presentation of the new Audi Aicon concept car during the Frankfurt Motor Show (IAA) in Frankfurt
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- von Jan Schwartz und Ilona Wissenbach

Frankfurt (Reuters) - Unter massivem politischen Druck durch "Dieselgate" und drohende Fahrverbote treten die deutschen Autobauer mit hohen Investitionen in Elektroautos die Flucht nach vorne an.

"Bis 2022 werden wir das gesamte Produktportfolio von Mercedes-Benz elektrifizieren", kündigte Daimler-Chef Dieter Zetsche am Dienstag auf der Automesse IAA in Frankfurt an. Das wären mehr als 50 Modelle, die rein elektrisch oder in Kombination mit Kraftstoff fahren. VW-Boss Matthias Müller will bis 2025 sogar 80 neue E-Modelle aller Varianten auf den Markt bringen. BMW-Lenker Harald Krüger plant bis dahin 25 Elektro- und Hybridautos. Die Konzerne wollen mit den sauberen Autos der Zukunft ihr wegen Dieselschummeleien beschädigtes Ansehen reparieren. Doch das ist nicht so schnell vergessen: Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt den Autobossen bei einem TV-Auftritt erneut vor: "Es ist erhebliches Vertrauen missbraucht worden. Das wird auch nachwirken bei uns als Politikern."

Merkel wird die IAA am Donnerstag offiziell eröffnen. Das Thema Auto hat sie längst zur Chefsache gemacht. Für den Herbst, nach der Bundestagswahl, ist ein weiterer Diesel-Gipfel mit den Herstellern geplant. Dabei steht die Frage im Raum, ob vergleichsweise günstige Software-Nachrüstungen bei älteren Diesel-Fahrzeugen reichen, um die Luft in Großstädten sauberer zu machen. Die Industrie sträubt sich gegen einen Umbau der Dieselmotoren, dies sei zu teuer und dauere zu lange. Ford-Deutschland-Chef Gunnar Herrmann forderte nun gar ein Ende der Debatte um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge: "Ich denke, hier ist politisch ein Machtwort notwendig." Die permanente öffentliche Diskussion sei dafür verantwortlich, dass die Umstiegsprämie der Hersteller für Dieselfahrzeuge bislang kaum angenommen werde.

Zur letzten IAA vor zwei Jahren flog der Abgasbetrug bei Volkswagen (DE:VOWG) auf, inzwischen ist die gesamte heimische Branche in Misskredit geraten. Kunden machen wegen der drohenden Fahrverbote einen Bogen um den Diesel. Politik und andere Industriezweige sorgen sich um die nicht zuletzt vom Auto geprägte Marke "Made in Germany". Der Druck auf die Konzerne, saubere Antriebe zu entwickeln, ist enorm - zumal die Konkurrenz im Ausland Gang um Gang höher schaltet. Selbst in China, dem größten Automarkt der Welt, denkt die Regierung laut über ein langfristiges Verbot von Verbrennungsmotoren nach. Der US-Elektroauto-Pionier Tesla drängt in den Massenmarkt.

"SELBST MAXIMALE GESCHWINDIGKEIT ERREICHEN"

Europas größter Autokonzern Volkswagen versucht nun, wieder in die Offensive zu kommen. "Wir werden die Revolution in unserer Industrie anführen", machte Vorstandschef Müller sich selbst und der Branche Mut. Er kündigte eine Verdoppelung der Investitionen der Wolfsburger in die Elektromobilität auf mehr als 20 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 an - und verbat sich jede Einmischung in die Strategie. "Die technische Kompetenz der Autoindustrie ist so groß, dass wir schon die richtigen Lösungen finden werden." Um den wachsenden Bedarf an Batteriezellen zu decken, hat Volkswagen weltweit ein Beschaffungsvolumen von mehr als 50 Milliarden Euro ausgeschrieben - eines der größten in der Industriegeschichte.

Daimler (DE:DAIGn) etwa will den Kleinwagen Smart schon ab 2020 ausschließlich als Elektroauto anbieten. Daimler-Chef Zetsche sprach sich gegen eine Quote für Elektroautos aus. "Wir wollen selbst maximale Geschwindigkeit erreichen, dazu brauchen wir keine Quote", sagte Zetsche. Trotz aller Diskussionen über Fahrverbote in besonders stark von Diesel-Abgasen betroffenen Städten wie dem Daimler-Konzernsitz Stuttgart sei der Diesel-Absatz bei Mercedes-Benz in Europa weiter gestiegen.

Unter den deutschen Autobauern hatte in den vergangenen Jahren BMW (DE:BMWG) mit dem i3 die Nase vorne gehabt, wenngleich die Nachfrage weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Die Münchner wollen nun bis 2025 zwölf vollelektrische Modelle anbieten. Was die Kunden bislang abschreckt: eine oft zu geringe Reichweite der E-Autos, der höhere Preis, das lückenhafte Netz von Ladestellen und zu lange Ladezeiten. Da die Batteriekosten jedoch sänken, werde es bis 2025 möglich sein, Elektroautos zu konkurrenzfähigen Kosten zu produzieren, erklärte Daimler.

"VERBRENNUNGSMOTOREN BLEIBEN DAS RÜCKGRAT"

© Reuters. Audi CEO Rupert Stadler speaks during presentation of the new Audi Aicon concept car during the Frankfurt Motor Show (IAA) in Frankfurt

Auch für die Autobauer selbst waren die Investitionen in Elektroautos bislang nicht sonderlich attraktiv - und werden sich noch länger nicht rechnen. Denn Elektroautos seien zunächst deutlich weniger profitabel als Diesel- oder Benzinautos, erklärte Zetsche. Um das abzufangen, plant der Stuttgarter Konzern ein Sparprogramm über vier Milliarden Euro bis 2025, aber ohne Stellenabbau. Autos mit Benzin- oder Dieselantrieb sollen als Gewinnquellen vorerst erhalten bleiben. "Verbrennungsmotoren bleiben über längere Zeit das Rückgrat für die CO2-Ziele und auch unsere Finanzstärke", sagte Zetsche.

Einer Studie des Freiburger Öko-Instituts zufolge sind E-Automobile schon heute umweltfreundlicher als Dieselfahrzeuge. So habe ein Mittelklasse-E-Auto einen Vorteil beim Treibhausgas-Ausstoß gegenüber einem Diesel-Modell von einem Drittel - bezogen auf Nutzung und Herstellung. Bei der Produktion allein schneidet das E-Auto im Moment in der Öko-Bilanz allerdings noch schlechter ab.

Vor zu viel E-Euphorie warnte Carlos Tavares, Chef der Opel-Mutter PSA, bei der neben Opel (NYSE:GM) auch Autos der Marken Citroen und Peugeot vom Band laufen. Auch PSA will seine Modellpalette auf Stromantrieb umstellen. Doch das Angebot muss auch seine Käufer finden: "Wenn es funktioniert und Unternehmen damit profitabel sein können, ist das gut", sagte Tavares in der "Bild am Sonntag". "Wenn es aber im Markt nicht funktioniert, haben alle, Industrie, Mitarbeiter und letztlich die Politik, ein großes Problem."

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